Digital Services Act (DSA): Was Sie für Ihr Online-Business jetzt wissen müssen

Der Digital Services Act ist seit dem 17. Februar 2024 vollständig in Kraft getreten und bringt weitreichende Änderungen für nahezu alle Online-Dienste mit sich. Als erfahrener IT-Rechtsanwalt möchte ich Ihnen einen fundierten Überblick geben, welche Pflichten auf Sie zukommen und wie Sie diese rechtssicher umsetzen können.

Paradigmenwechsel im digitalen Binnenmarkt

Der Digital Services Act stellt einen Meilenstein in der europäischen Digitalpolitik dar. Diese EU-Verordnung schafft erstmals einen einheitlichen Rechtsrahmen für digitale Dienste im gesamten EU-Binnenmarkt. Gemeinsam mit dem Digital Markets Act (DMA) bildet der DSA das neue digitale Grundgerüst der EU.

Das zentrale Ziel ist dabei klar definiert: Die Schaffung eines sicheren Online-Umfelds und die effektive Bekämpfung illegaler Inhalte. Dies betrifft nicht nur große Plattformen wie Google oder Facebook, sondern auch kleinere Diensteanbieter.

Wer ist vom DSA betroffen?

Eine der wichtigsten Fragen für Online-Unternehmen lautet: Gilt der DSA auch für mich? Die Antwort ist komplexer als man zunächst vermuten könnte. Grundsätzlich fallen alle Anbieter von Vermittlungsdiensten unter den Anwendungsbereich, die Informationen für Dritte speichern. Dies betrifft:

Webhoster sind eindeutig vom DSA erfasst, da sie Informationen im Auftrag ihrer Kunden auf Servern speichern. Webdesigner und Agenturen, die Hosting-Leistungen anbieten, gelten als „Hosting-Reseller“ und müssen die DSA-Vorgaben ebenfalls beachten.

Bei Webseitenbetreibern kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Eine simple Kommentarfunktion macht Sie nicht automatisch zum Hosting-Diensteanbieter. Entscheidend ist, ob die Speicherung von Nutzerinhalten ein wesentliches Merkmal Ihres Dienstes darstellt.

Online-Shops mit reiner Produktbewertungsfunktion fallen in der Regel nicht unter den DSA. Anders sieht es aus, wenn Sie zusätzlich ein Forum oder eine umfangreiche Community-Plattform betreiben.

Blogbetreiber müssen differenziert betrachten: Liegt der Fokus auf eigenen Inhalten, greift der DSA meist nicht. Bei umfangreichen Kommentarbereichen oder der Möglichkeit für Nutzer, eigene Beiträge zu veröffentlichen, werden die DSA-Pflichten relevant.

Die sechs zentralen Pflichten für Hosting-Diensteanbieter

Wenn Sie unter den Anwendungsbereich des DSA fallen, müssen Sie folgende Kernpflichten erfüllen:

1. Zentrale Kontaktstelle einrichten

Sie benötigen eine elektronisch erreichbare Kontaktstelle für Behörden und Nutzer. Diese muss leicht zugänglich sein – am besten im Impressum platziert. Wichtig: Ein reiner Chatbot genügt nicht. Die Kommunikation muss in mindestens zwei Sprachen möglich sein: Einer EU-weit verständlichen Sprache (typischerweise Englisch) sowie der Amtssprache Ihres Hauptsitzes.

2. Transparente AGB-Gestaltung

Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen klar darlegen, wie Sie mit rechtswidrigen Inhalten umgehen. Dies umfasst den gesamten Prozess von der Bewertung bis zur Sanktionierung.

3. Jährlicher Transparenzbericht

Hosting-Diensteanbieter müssen jährlich über ihre Maßnahmen bei gemeldeten rechtswidrigen Inhalten berichten. Eine wichtige Ausnahme besteht für kleine und mittlere Unternehmen: Haben Sie weniger als 50 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz unter 10 Millionen Euro, entfällt diese Pflicht.

4. Melde- und Abhilfeverfahren implementieren

Sie müssen ein Kontaktformular bereitstellen, über das Nutzer rechtswidrige Inhalte melden können. Dieses muss bestimmte Mindestangaben ermöglichen, wobei die Felder nicht verpflichtend sein dürfen. Meldungen sind zeitnah zu bearbeiten und Entscheidungen unverzüglich mitzuteilen.

5. Begründungspflicht bei Beschränkungen

Wenn Sie aufgrund einer Meldung Inhalte entfernen oder einschränken, müssen Sie dem betroffenen Nutzer eine detaillierte Begründung zukommen lassen. Diese muss die Art der Beschränkung und die Entscheidungsgrundlage transparent machen.

6. Meldepflicht bei schweren Straftaten

Bei Verdacht auf Straftaten, die das Leben oder die Sicherheit von Personen gefährden, besteht eine unverzügliche Meldepflicht an die zuständigen Behörden.

Sanktionen bei Verstößen

Die Bundesnetzagentur überwacht als zuständige Behörde die Einhaltung des DSA in Deutschland. Die möglichen Sanktionen sind erheblich:

  • Bußgelder bis zu 300.000 Euro für normale Verstöße
  • Bei größeren Unternehmen (Jahresumsatz über 5 Millionen Euro) sogar bis zu 6% des weltweiten Jahresumsatzes

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Um rechtssicher aufgestellt zu sein, empfehle ich folgende konkrete Maßnahmen:

  1. Prüfen Sie sorgfältig, ob Ihr Online-Dienst unter den DSA fällt
  2. Passen Sie Ihre Rechtstexte entsprechend an
  3. Implementieren Sie ein professionelles Meldesystem
  4. Erstellen Sie interne Richtlinien für den Umgang mit Meldungen
  5. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter bezüglich der neuen Pflichten
  6. Dokumentieren Sie alle Maßnahmen sorgfältig

Fazit

Der Digital Services Act stellt einen bedeutenden Einschnitt für Online-Dienste dar. Auch wenn kleine Anbieter zunächst weniger im Fokus der Behörden stehen dürften, empfiehlt sich eine proaktive Umsetzung der Vorgaben. Die potenziellen Bußgelder übersteigen die Investitionen in Compliance-Maßnahmen bei weitem.

Benötigen Sie Unterstützung bei der rechtssicheren Umsetzung des DSA? Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung. Gemeinsam entwickeln wir eine maßgeschneiderte Strategie für Ihr Online-Business.

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