In unserer zunehmend vernetzten Welt können Aussagen über andere Personen oder Unternehmen schneller denn je verbreitet werden – sei es über soziale Medien, Bewertungsportale oder andere digitale Kanäle. Nicht immer entsprechen diese Äußerungen der Wahrheit. Wenn unwahre Tatsachenbehauptungen bewusst in die Welt gesetzt werden, sprechen Juristen von Verleumdung. Betroffene haben in solchen Fällen die Möglichkeit, mit einer Unterlassungserklärung gegen die Verbreiter vorzugehen. Doch wie genau funktioniert dieses rechtliche Instrument, und kann man dabei einfach auf ein Muster zurückgreifen? Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Hintergründe und gibt wichtige Hinweise zur korrekten Vorgehensweise.
Was ist eine Verleumdung im rechtlichen Sinne?
Bevor wir uns der Unterlassungserklärung widmen, ist es wichtig zu verstehen, was eine Verleumdung überhaupt ausmacht. Im deutschen Recht bezeichnet eine Verleumdung eine unwahre TatsachenbehauptungEine Tatsachenbehauptung ist eine Aussage, die objektiv übe... Mehr gegenüber Dritten, bei welcher der Täter positiv weiß, dass die Aussage unrichtig ist. Anders als bei der üblen Nachrede – bei der der Verbreiter lediglich nicht beweisen kann, dass seine Behauptung wahr ist – liegt bei der Verleumdung also ein bewusstes Handeln vor.
Der Straftatbestand der Verleumdung ist in § 187 StGB geregelt und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Besonders schwerwiegend wird die Straftat eingeschätzt, wenn sie gegen Personen des politischen Lebens gerichtet ist – hier kann nach § 188 StGB die Strafe sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug betragen.
Eine Verleumdung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz abgeleitet wird. Sie kann sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Wann und warum kommt eine Unterlassungserklärung ins Spiel?
Bei einer Verleumdung können Betroffene verschiedene rechtliche Schritte unternehmen. Neben einer Strafanzeige besteht die Möglichkeit, zivilrechtlich vorzugehen. Ein häufig gewählter Weg ist dabei die Forderung nach einer Unterlassungserklärung.
Eine Unterlassungserklärung ist ein rechtliches Instrument, mit dem sich eine Person verpflichtet, eine bestimmte Handlung – in diesem Fall die Verbreitung verleumderischer Aussagen – in Zukunft zu unterlassen. Der Unterlassungsanspruch basiert auf § 1004 BGB (analog) in Verbindung mit dem verletzten Rechtsgut, hier dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Der Vorteil einer Unterlassungserklärung liegt darin, dass sie außergerichtlich durchgesetzt werden kann und somit oft schneller zum Ziel führt als ein Gerichtsverfahren. Allerdings ist sie nur dann wirksam, wenn sie korrekt formuliert und rechtlich wasserdicht ist.
Die Grundstruktur einer Unterlassungserklärung bei Verleumdung
Bei einer Unterlassungserklärung wegen Verleumdung folgt die Grundstruktur einem bestimmten Muster, das folgende Elemente umfasst:
- Identifikation der Parteien: Klare Benennung desjenigen, der die Erklärung abgibt, sowie des Empfängers der Erklärung.
- Präzise Beschreibung der zu unterlassenden Handlung: Die verleumderische Aussage muss exakt wiedergegeben werden, um Klarheit darüber zu schaffen, welches Verhalten in Zukunft zu unterlassen ist.
- Verpflichtungserklärung: Der Erklärende verpflichtet sich, die beschriebene Handlung in Zukunft zu unterlassen.
- Vertragsstrafe: Um die Ernsthaftigkeit der Erklärung zu unterstreichen und einen Anreiz zur Einhaltung zu schaffen, wird eine angemessene Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes festgelegt.
- Kostenübernahme: Der Erklärende verpflichtet sich, die Kosten der Rechtsverfolgung zu übernehmen.
- Unterschrift: Die Erklärung muss vom Erklärenden unterzeichnet werden, um rechtlich bindend zu sein.
Laut aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist es wichtig, dass die Unterlassungserklärung vorbehaltlos, eindeutig und ohne Bedingungen abgegeben wird. Einschränkungen oder Vorbehalte können die Wirksamkeit beeinträchtigen und dazu führen, dass die Erklärung ihren Zweck nicht erfüllt – nämlich die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Kann man für eine Unterlassungserklärung einfach ein Muster verwenden?
Im Internet finden sich zahlreiche Vorlagen und Muster für Unterlassungserklärungen. Doch ist es ratsam, diese einfach zu übernehmen? Die klare Antwort lautet: Nein, und dies aus mehreren Gründen:
- Langfristige Bindung: Eine Unterlassungserklärung ist ein Vertrag mit lebenslanger Gültigkeit. Die Verpflichtung zur Unterlassung endet nicht nach einer bestimmten Zeit, sondern besteht grundsätzlich unbegrenzt fort.
- Individuelle Umstände: Jeder Fall ist anders. Die genauen Umstände einer Verleumdung, der Kontext der Äußerung und die beteiligten Personen erfordern eine individuelle rechtliche Bewertung und Formulierung.
- Juristische Präzision: Die exakte Formulierung einer Unterlassungserklärung entscheidet über ihre Wirksamkeit und Reichweite. Kleinste sprachliche Ungenauigkeiten können weitreichende Folgen haben.
- Angemessenheit der Vertragsstrafe: Die Höhe der Vertragsstrafe muss dem Einzelfall angemessen sein. Sie sollte einerseits hoch genug sein, um abschreckend zu wirken, andererseits nicht so hoch, dass sie unverhältnismäßig erscheint.
- Aktuelle Rechtsprechung: Die Rechtsprechung zu Unterlassungserklärungen entwickelt sich ständig weiter. So hat der BGH beispielsweise seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass allein der Zugang einer Unterlassungserklärung beim Gläubiger nicht ausreicht, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, wenn der Gläubiger die Annahme ablehnt.
Aus diesen Gründen ist es dringend zu empfehlen, bei der Erstellung oder beim Erhalt einer Unterlassungserklärung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Rechtsanwalt kann die individuellen Umstände berücksichtigen und eine rechtssichere Formulierung gewährleisten.
Welche Fristen gelten bei einer Unterlassungserklärung?
Eine häufige Frage betrifft die Fristen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Interessanterweise gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Frist. Vielmehr richtet sich die angemessene Reaktionszeit nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere:
- der Schwere der Rechtsverletzung
- der Dringlichkeit einer Unterlassung
- der angemessenen Zeit für eine rechtliche Beratung
In der Praxis werden häufig Fristen zwischen einem und 14 Tagen gesetzt. Bei schwerwiegenden Verletzungen können die Fristen kürzer, bei komplexeren Sachverhalten auch länger sein.
Es ist wichtig zu wissen, dass eine zu kurz bemessene Frist die Abmahnung nicht unwirksam macht. Allerdings kann in einem solchen Fall eine längere Reaktionszeit angemessen sein, ohne dass dies negative Konsequenzen nach sich zieht.
Beispiel einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei Verleumdung
Um zu verdeutlichen, wie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bei Verleumdung aussehen kann, folgt hier ein Beispiel. Dieses dient ausschließlich der Veranschaulichung und sollte nicht ungeprüft übernommen werden:
Strafbewehrte Unterlassungserklärung
Hiermit verpflichte ich mich, [Name des Erklärenden], gegenüber [Name des Empfängers der Erklärung],
- es ab sofort und in Zukunft zu unterlassen, folgende Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten:
„[Genaue Wiedergabe der verleumderischen Aussage]“ - für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1 genannte Verpflichtung eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR [angemessener Betrag] an [Name des Empfängers] zu zahlen.
- die durch die Rechtsverfolgung entstandenen angemessenen Kosten zu übernehmen.
Diese Erklärung gebe ich unbefristet und ohne jede Einschränkung ab.
[Ort, Datum]
[Unterschrift des Erklärenden]
Was tun, wenn man eine Unterlassungserklärung erhält?
Gerade weil eine Unterlassungserklärung weitreichende und langfristige Folgen haben kann, ist es wichtig, bei Erhalt eines solchen Schreibens besonnen zu reagieren. Folgende Schritte sind empfehlenswert:
- Ruhe bewahren: Eine übereilte Reaktion kann die Situation verschlimmern.
- Prüfung der Vorwürfe: Überprüfen Sie zunächst, ob die Ihnen vorgeworfene Äußerung tatsächlich von Ihnen stammt und ob sie wirklich eine Verleumdung darstellt.
- Formale Prüfung des Schreibens: Eine wirksame Abmahnung mit Unterlassungserklärung muss bestimmte formale Anforderungen erfüllen.
- Fristwahrung: Achten Sie auf die gesetzte Frist und reagieren Sie rechtzeitig, um ein eventuelles Gerichtsverfahren zu vermeiden.
- Rechtliche Beratung: Konsultieren Sie einen Rechtsanwalt, der die Situation einschätzen und Sie zu den richtigen Schritten beraten kann.
Ein Anwalt kann in vielen Fällen eine modifizierte Unterlassungserklärung ausarbeiten, die Ihre Interessen besser schützt als die vorgelegte Version. Diese modifizierte Erklärung kann den Unterlassungsanspruch auf das rechtlich gebotene Maß beschränken und unnötige oder überzogene Verpflichtungen vermeiden.
Die aktuelle Rechtsprechung zur Unterlassungserklärung
Die Rechtsprechung zu Unterlassungserklärungen entwickelt sich stetig weiter. Einige wichtige aktuelle Entscheidungen betreffen:
- Formfragen: Der BGH hat entschieden, dass eine Unterlassungserklärung grundsätzlich per E-Mail übermittelt werden kann, es sei denn, der Abmahnende hat ausdrücklich die gewillkürte Schriftform verlangt.
- Wirksamkeit: Eine Unterlassungserklärung ist nur wirksam, wenn sie vom Gläubiger angenommen wird. Der bloße Zugang beim Gläubiger reicht nicht aus, wenn dieser die Annahme ablehnt.
- Bedingungsfeindlichkeit: Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung muss ohne Bedingungen abgegeben werden. Einschränkungen wie „soweit rechtlich erforderlich“ können ihre Wirksamkeit beeinträchtigen.
- Vertragsstrafe: Die Vertragsstrafe muss beziffert sein, um als ernsthaft angesehen zu werden. Eine pauschale Formulierung wie „angemessene Vertragsstrafe“ genügt nicht.
Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie komplex die rechtliche Bewertung von Unterlassungserklärungen sein kann und warum fachkundige Beratung unerlässlich ist.
Alternativen zur Unterlassungserklärung
Neben der Unterlassungserklärung stehen Betroffenen von Verleumdungen weitere rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung:
- Einstweilige Verfügung: Bei besonderer Dringlichkeit kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden, die schnell zu einer gerichtlichen Unterlassungsanordnung führen kann.
- Unterlassungsklage: Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, kann eine Klage auf Unterlassung erhoben werden.
- Widerrufsanspruch: Neben der Unterlassung kann auch ein Widerruf der verleumderischen Aussage gefordert werden.
- Schadensersatzansprüche: Bei nachweisbaren materiellen oder immateriellen Schäden kann Schadensersatz gefordert werden.
- Strafanzeige: Bei schwerwiegenden Fällen kann auch eine Strafanzeige wegen Verleumdung in Betracht kommen.
Welcher Weg der richtige ist, hängt vom Einzelfall ab und sollte mit anwaltlicher Beratung entschieden werden.
Fazit: Unterlassungserklärung bei Verleumdung – individuell statt Muster
Eine Unterlassungserklärung kann ein wirksames Mittel sein, um gegen Verleumdungen vorzugehen und zukünftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Aufgrund ihrer rechtlichen Komplexität und der langfristigen Bindungswirkung ist jedoch davon abzuraten, einfach ein Muster aus dem Internet zu übernehmen.
Stattdessen empfiehlt es sich, sowohl als Absender als auch als Empfänger einer Unterlassungserklärung fachkundigen Rat einzuholen. Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann die individuellen Umstände des Falls berücksichtigen und eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten, die rechtssicher ist und die Interessen des Mandanten optimal schützt.
Denken Sie daran: Eine Unterlassungserklärung ist ein rechtliches Instrument mit langfristigen Konsequenzen. Ihre sorgfältige Gestaltung ist daher eine Investition in Rechtssicherheit, die sich langfristig auszahlt.