Urteil zu Google-Bewertungen: OLG Celle verneint Anspruch auf Anwaltskosten für Immobilienmakler

Das Oberlandesgericht Celle hat mit seiner Entscheidung vom 5. November 2024 (Az. 5 U 279/2) einen wichtigen Grundsatz im Umgang mit negativen Google-Bewertungen etabliert. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Frage, wann Gewerbetreibende einen Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten haben, wenn sie gegen negative Bewertungen vorgehen. Diese Rechtsprechung ist richtungsweisend für Immobilienmakler, aber auch für andere Unternehmer, die sich mit negativen Online-Bewertungen konfrontiert sehen.

Der konkrete Fall zeigt typische Probleme auf

Der zugrundeliegende Sachverhalt illustriert eine häufig vorkommende Problematik in der digitalen Geschäftswelt. Ein Immobilienmakler auf einer norddeutschen Insel wurde mit einer negativen Bewertung konfrontiert, die eigentlich nicht seine Dienstleistung betraf. Der Auslöser war eine defekte Waschmaschine in einer Ferienwohnung, die von der Gesellschaft seiner Ehefrau vermietet wurde. Besonders brisant war die Situation durch die enge Verflechtung der verschiedenen Geschäftsbereiche. Die Vermietungsgesellschaft und das Maklerbüro teilten sich dieselbe Geschäftsadresse und nutzten ähnliche Layouts für ihre Internetauftritte. Das Google-Bewertungsprofil des Maklers enthielt bereits zahlreiche Bewertungen zu Ferienwohnungen, ohne dass der Makler dagegen vorgegangen wäre.

Der rechtliche Verlauf zeigt typische Eskalationsstufen

Nach der Veröffentlichung der negativen Bewertung entwickelte sich der Fall schrittweise. Der Makler forderte zunächst selbst die Löschung der Bewertung. Nach erfolgter Löschung stellte der Bewertende eine gleichlautende negative Bewertung ein. Erst daraufhin schaltete der Makler einen Rechtsanwalt ein, der eine strafbewehrte Unterlassungserklärung forderte. Die Kosten für diese anwaltliche Tätigkeit wurden zum Streitgegenstand des Verfahrens.

Die rechtlichen Erwägungen des Gerichts

Das Gericht prüfte den Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten nach § 823 Abs. 1 BGB. Dabei stellte es klar, dass ein Verzug des Beklagten nicht in Betracht kam und daher nur ein deliktischer Anspruch in Frage stand. Nach der ständigen BGH-Rechtsprechung müssen die Kosten für die Einschaltung eines Anwalts aus ex-ante-Sicht notwendig gewesen sein. Der Maßstab ist dabei die Perspektive einer vernünftig und wirtschaftlich denkenden Person.

Bei geschäftserfahrenen Personen wird eine gewisse Eigenständigkeit erwartet. Nicht jede rechtliche Auseinandersetzung erfordert sofortige anwaltliche Hilfe. Die berufliche Qualifikation spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung, ob die Einschaltung eines Anwalts erforderlich war.

Das Mitverschulden als entscheidender Faktor

Das Gericht berücksichtigte besonders die unklare Trennung der Geschäftsbereiche. Die Vermischung von Makler- und Vermietungstätigkeit wurde kritisch gesehen. Auch die fehlende Reaktion auf frühere themenfremde Bewertungen wurde dem Makler angelastet. Diese Faktoren führten dazu, dass das Gericht ein erhebliches Mitverschulden des Maklers annahm.

Praktische Konsequenzen für das Online-Reputationsmanagement

Diese Entscheidung wird das Online-Reputationsmanagement nachhaltig beeinflussen. Unternehmer müssen künftig noch sorgfältiger abwägen, wann sie rechtliche Schritte einleiten und wie sie diese gestalten. Eine klare Unternehmensstruktur und transparente Kommunikation nach außen sind dabei unerlässlich. Ein professionelles Bewertungsmanagement sollte etabliert werden, bevor es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Fazit und strategische Empfehlungen

Das Urteil des OLG Celle verdeutlicht die Komplexität des digitalen Reputationsmanagements. Gewerbetreibende sollten ihre Unternehmensstruktur und Online-Präsenz kritisch überprüfen. Ein systematisches Bewertungsmanagement ist unerlässlich. Bei negativen Bewertungen empfiehlt sich zunächst der Versuch einer eigenständigen Lösung, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.

Eine professionelle rechtliche Beratung bleibt wichtig – aber sie sollte strategisch und zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Die Entwicklung einer individuellen Strategie im Umgang mit Online-Bewertungen, die sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, ist für den langfristigen Geschäftserfolg unerlässlich. Der Fall zeigt deutlich, dass eine vorausschauende Organisation des eigenen Online-Auftritts spätere rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden kann.

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