Ein-Sterne-Bewertung und einmaliger telefonischer Kontakt – Urteil des OLG Oldenburg vom 4. Juni 2024 (Az. 13 U 11/23)

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg vom 4. Juni 2024 (Az. 13 U 11/23) hat eine wichtige Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit von Online-Bewertungen durch Nicht-Mandanten gefällt. Diese Entscheidung, die sich insbesondere auf die Anwaltsbranche auswirkt, stellt klar, dass Transparenz und Klarheit in Online-Bewertungen notwendig sind, um die Rechte aller Beteiligten zu wahren. Das Urteil behandelt die Balance zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz der gewerblichen Interessen einer Kanzlei. Es zeigt auf, unter welchen Umständen Bewertungen durch Personen, die keine Mandanten sind, erlaubt sind. Ein-Sterne-Bewertung und einmaliger telefonischer Kontakt? Ist das zulässig?

Hintergrund des Falls

In dem Fall ging es um eine Ein-Sterne-Bewertung mit dem Kommentar „Nein“, die ein Geschäftspartner einer von der Klägerin vertretenen GbR auf Google abgegeben hatte. Der Beklagte hatte die Anwältin telefonisch kontaktiert, um eine Rechnung zu besprechen, die er an die GbR gestellt hatte. Diese einmalige Interaktion führte zur negativen Bewertung, die keinen Hinweis darauf gab, dass der Bewerter kein Mandant der Kanzlei war. Die Anwältin sah in der Bewertung eine Irreführung und eine Gefahr für ihren beruflichen Ruf. Sie forderte die Löschung der Bewertung​.

Wörtliche Zitate aus dem Urteil

Das Urteil betont mehrfach die Wichtigkeit der Transparenz. Das Gericht stellte fest:

„Die Bewertung auf Google ist nur dann zulässig, wenn der Bewerter offenlegt, dass er kein Mandant der Kanzlei war. Andernfalls erweckt die Bewertung einen unrichtigen Eindruck, der geeignet ist, potenzielle Mandanten in die Irre zu führen.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 4. Juni 2024, Az. 13 U 11/23)

Weiter heißt es im Urteil:

„Die Meinungsfreiheit des Bewerters steht nicht über dem Recht der Anwaltskanzlei auf Schutz ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, wenn die Bewertung auf irreführenden Tatsachen beruht oder die Umstände des Kontakts nicht klar darlegt werden.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 4. Juni 2024, Az. 13 U 11/23)

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass:

„Eine Bewertung ohne entsprechenden Hinweis auf das Fehlen eines Mandatsverhältnisses stellt eine unzulässige Meinungsäußerung dar, da sie den geschäftlichen Ruf der Kanzlei in ungerechtfertigter Weise beeinträchtigen kann.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 4. Juni 2024, Az. 13 U 11/23)

Grundrechteabwägung – Ein-Sterne-Bewertung und einmaliger telefonischer Kontakt

Das OLG Oldenburg betonte die Notwendigkeit einer Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Bewerters und den Schutzrechten der bewerteten Kanzlei. Hierzu erklärte das Gericht:

„Die Grundrechte auf Meinungsfreiheit und der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs müssen in Einklang gebracht werden. Das bedeutet, dass die Äußerungen, die eine Meinung ausdrücken, auf der Wahrheit basieren und nicht den falschen Anschein erwecken dürfen, es habe ein Mandatsverhältnis bestanden.“ (OLG Oldenburg, Urteil vom 4. Juni 2024, Az. 13 U 11/23)

Ein-Sterne-Bewertung und einmaliger telefonischer Kontakt: Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil stellt klar, dass Online-Bewertungen ein bedeutendes Werkzeug zur Meinungsäußerung sind, jedoch klare Regeln benötigen, um Missbrauch zu verhindern. Für Anwälte und Kanzleien bedeutet dies, dass sie gegen Bewertungen, die auf falschen Annahmen beruhen, vorgehen können. Gleichzeitig müssen Bewerter sicherstellen, dass ihre Bewertungen den Tatsachen entsprechen und transparent sind. Die Entscheidung unterstreicht die wichtige Rolle, die Bewertungen im digitalen Zeitalter spielen, und die Verantwortung, die mit der Meinungsfreiheit einhergeht.

Schlussfolgerung: Ein-Sterne-Bewertung und einmaliger telefonischer Kontakt

Das Urteil des OLG Oldenburg bietet einen klaren Leitfaden für den Umgang mit Bewertungen von Nicht-Mandanten. Es betont die Wichtigkeit der Transparenz. Es trägt dazu bei, die Rechte der Kanzleien zu schützen und gleichzeitig die freie Meinungsäußerung zu respektieren. Anwälte und andere Dienstleister sollten sich dieses Urteils bewusst sein und sicherstellen, dass ihre Online-Reputation durch klare, wahrheitsgemäße und transparente Bewertungen geschützt wird.

Vergleich mit anderen Urteilen

Das Urteil des OLG Oldenburg vom 4. Juni 2024 steht im Kontext einer Reihe von gerichtlichen Entscheidungen, die sich mit der Zulässigkeit von Online-Bewertungen befassen. Ein bemerkenswerter Vergleich lässt sich zu einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahr 2022 ziehen (Az. 4 U 17/22). In diesem Fall hatte der Gegner in einem Zivilprozess eine negative Bewertung über den Anwalt der Gegenseite abgegeben, ebenfalls mit einer „Ein-Sterne-Bewertung“ und dem Kommentar „Nicht empfehlenswert“. Das OLG Stuttgart entschied, dass eine solche Bewertung unzulässig sei. Es erwecke den Eindruck, der Bewerter habe die Leistungen des Anwalts als Mandant erfahren, obwohl lediglich ein prozessualer Kontakt bestand. Die Bewertung wurde als unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Kanzlei angesehen und musste gelöscht werden.

Ein weiteres relevantes Urteil stammt vom Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2014 (Az. VI ZR 39/14), das die Prüfpflichten von Betreibern von Bewertungsportalen festlegte. In diesem Fall ging es um die Löschung einer Arztbewertung. Der BGH entschied, dass Betreiber von Bewertungsportalen verpflichtet sind, bei Hinweisen auf unwahre Tatsachenbehauptungen die Bewertung zu überprüfen und gegebenenfalls zu löschen. Dieses Urteil betonte ebenfalls die Wichtigkeit der Wahrheit und Transparenz in Bewertungen und hob hervor, dass Meinungsäußerungen nicht auf falschen Tatsachen beruhen dürfen.

Das Urteil des OLG Oldenburg ergänzt diese Rechtsprechung, indem es die besondere Situation von Anwälten berücksichtigt. Während der BGH die allgemeine Verpflichtung zur Überprüfung durch die Portalbetreiber hervorhob, legt das OLG Oldenburg besonderen Wert auf die Verantwortung des Bewerters, den Kontext seiner Bewertung klar darzulegen, insbesondere wenn kein Mandatsverhältnis besteht. Diese Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz der beruflichen Reputation verdeutlicht, dass es eine differenzierte Betrachtung braucht, um beiden Seiten gerecht zu werden.

Fazit

Die verschiedenen Urteile zeigen eine klare Linie in der Rechtsprechung: Bewertungen im Internet müssen transparent und wahrheitsgemäß sein. Sowohl die Interessen der bewerteten Parteien als auch die Meinungsfreiheit der Bewertenden müssen geschützt werden, ohne dass die eine Seite auf Kosten der anderen benachteiligt wird. Das Urteil des OLG Oldenburg fügt sich in diese Linie ein, indem es die Notwendigkeit betont, dass Bewertungen durch Nicht-Mandanten klar als solche gekennzeichnet sein müssen, um Missverständnisse und unfaire Rufschädigung zu vermeiden.

Diese kontinuierliche Rechtsprechung stellt sicher, dass die digitale Kommunikation respektvoll und fair bleibt, und dass sowohl Dienstleister als auch Verbraucher sich auf ein vertrauensvolles Umfeld im Internet verlassen können.

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