Fehlende Eilbedürftigkeit nach Löschen negativer Kundenbewertungen durch Local Guide

Im Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG Bamberg) vom 13. Februar 2024 (Az. 6 U 42/23 e) stand die Frage der Eilbedürftigkeit im Fokus. Die Verfügungsklägerin, ein Unternehmen, verlangte vom Verfügungsbeklagten die Unterlassung einer negativen Online-Bewertung, die der Beklagte als „Local Guide“ auf Google verfasst hatte. Diese Rezension enthielt nach Ansicht der Klägerin unwahre Tatsachenbehauptungen sowie Schmähkritik und führte zu einer geschäftsschädigenden Darstellung.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Verfügungsbeklagte hatte die strittige Bewertung nach einer erfolglosen Abmahnung gelöscht und sein Google-Konto sowie seine Teilnahme am „Local Guide“-Programm beendet. Diese Maßnahmen wurden von der Klägerin jedoch als unzureichend angesehen, da die Möglichkeit einer erneuten Veröffentlichung oder das Wiederauffinden der Rezension nicht vollständig ausgeschlossen werden konnten. Die Klägerin forderte daher den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung ihres Anspruchs auf Unterlassung.

Das Landgericht hatte den Antrag der Klägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung bereits abgewiesen, da die Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Die Löschung der Bewertung sowie des Kontos des Beklagten machten es der Klägerin unmöglich, eine unmittelbare Gefährdung darzulegen. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein, die zum Hinweisbeschluss des OLG Bamberg führte.

Entscheidungsgründe des OLG Bamberg

Das OLG Bamberg wies die Berufung der Klägerin zurück und führte aus, dass der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit gemäß §§ 935, 940 ZPO nicht gegeben sei. Nach der Löschung der Bewertung und des Google-Kontos des Beklagten sei keine unmittelbare Gefahr erkennbar, dass die strittige Rezension erneut erscheinen könnte. Auch die vom Beklagten abgegebene eidesstattliche Versicherung, dass er alles in seiner Macht Stehende getan habe, um eine erneute Veröffentlichung zu verhindern, trug dazu bei, die Dringlichkeit des Antrags zu verneinen.

Entscheidend war für das Gericht, dass von einer nicht mehr auffindbaren Bewertung keine akute Gefahr für die Rechte der Klägerin im Hauptsacheverfahren ausgehe. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass eine gelöschte Bewertung wieder online gestellt wird, reiche nicht aus, um die Eilbedürftigkeit zu begründen. Das Gericht stellte ferner fest, dass der Verfügungsbeklagte durch die Löschung seines Kontos und die Beendigung seiner „Local Guide“-Tätigkeit ausreichend Maßnahmen getroffen habe, um eine Wiederholung der beanstandeten Handlung zu verhindern.

Das OLG Bamberg stellte klar, dass es der Klägerin nicht zuzumuten sei, jahrelang auf ein Urteil im Hauptsacheverfahren zu warten, während die rechtswidrige Bewertung weiterhin Schaden anrichten könnte. In diesem Fall jedoch sei die Situation durch die erfolgte Löschung bereits entschärft worden, sodass keine dringliche Notwendigkeit für eine einstweilige Verfügung bestehe.

Bewertung

Dieser Beschluss des OLG Bamberg betont die hohe Hürde, die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit Online-Bewertungen zu überwinden ist. Die Entscheidung zeigt, dass eine erfolgte Löschung von Inhalten sowie die Beendigung des Nutzerkontos auf der betroffenen Plattform eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Dringlichkeit spielen. Auch die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung seitens des Beklagten, dass er keine erneute Veröffentlichung plane, stärkte seine Position erheblich.

Für Unternehmen, die sich gegen negative Online-Bewertungen wehren, bedeutet diese Entscheidung, dass sie im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens überzeugend darlegen müssen, dass eine akute Wiederholungsgefahr besteht. Andernfalls wird die Dringlichkeit abgelehnt und sie müssen den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten.

Diese Entscheidung steht in einer Reihe von Urteilen, die sich mit der Problematik von Online-Bewertungen und deren Folgen beschäftigen. Sie unterstreicht, dass Gerichte im Hinblick auf die Meinungsfreiheit und die technischen Gegebenheiten der digitalen Welt streng zwischen tatsächlichen und potenziellen Rechtsverletzungen differenzieren müssen.

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