Helfen Strafanzeigen bei negativen Bewertungen?

Wer eine negative Bewertung im Internet erhält, steht oft vor einer schwerwiegenden Herausforderung. Der gute Ruf, den man sich über Jahre aufgebaut hat, kann durch wenige Klicks massiv geschädigt werden. In dieser Situation erscheint eine Strafanzeige für viele Betroffene als naheliegende Lösung – doch ist dieser Weg tatsächlich zielführend?

Die Hoffnung auf schnelle Hilfe durch das Strafrecht

Als Fachanwalt für IT-Recht mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung und Spezialisierung auf Online-Reputationsmanagement kann ich diese Frage klar beantworten: Nein, Strafanzeigen sind in der Regel kein effektives Mittel gegen negative Bewertungen. Warum das so ist und welche Alternativen tatsächlich zum Erfolg führen können, möchte ich in diesem Beitrag ausführlich darlegen.

Die Grenzen des Strafrechts bei Online-Bewertungen

Die Polizei und Staatsanwaltschaft sind nicht für die Löschung negativer Bewertungen zuständig. Dies ist ein fundamentales Missverständnis, dem viele Betroffene unterliegen. Selbst wenn Sie Strafanzeige erstatten, bleibt die negative Bewertung zunächst weiterhin online sichtbar – oft für Monate oder sogar Jahre.

Das Strafrecht und das zivilrechtliche Vorgehen gegen Bewertungen sind zwei völlig unterschiedliche Verfahrenswege mit unterschiedlichen Zielen:

  • Strafverfahren zielen auf die Bestrafung rechtswidrigen Verhaltens ab
  • Zivilrechtliche Verfahren hingegen dienen der Durchsetzung eigener Rechte, wie der Löschung von Bewertungen

Selbst wenn ein Strafverfahren erfolgreich sein sollte, führt dies nicht automatisch zur Entfernung der Bewertung. Dafür bedarf es in der Regel eines separaten zivilrechtlichen Vorgehens.

Die Realität deutscher Staatsanwaltschaften

Ein weiteres gravierendes Problem ist die aktuelle Überlastung der Strafverfolgungsbehörden. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes gibt es bei den Staatsanwaltschaften inzwischen knapp 933.000 unerledigte Fälle. Dies bedeutet einen Anstieg um fast 30 Prozent seit 2021.

Die Folgen dieser Überlastung sind:

  • Längere Verfahrensdauern
  • Weniger Anklagen
  • Verzögerungen bei der Bearbeitung von Fällen

In einigen Bundesländern hat sich die Situation besonders verschärft. In Hamburg beispielsweise hat sich der Aktenberg seit 2021 mehr als verdoppelt auf 47.953 unerledigte Fälle. Auch in Sachsen ist die Anzahl der offenen Verfahren innerhalb von drei Jahren um 54 Prozent gestiegen.

Die meisten unerledigten Fälle verzeichnet Nordrhein-Westfalen mit 255.245 Verfahren, gefolgt von Hessen (107.901), Bayern (83.433), Baden-Württemberg (79.240) und Niedersachsen (76.111).

Warum Strafanzeigen bei negativen Bewertungen ins Leere laufen

Die Strafverfolgungsbehörden priorisieren angesichts ihrer Belastung zwangsläufig schwerwiegendere Delikte. Negative Bewertungen fallen dabei – selbst wenn sie strafrechtlich relevant sein sollten – oft hinten runter. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Fachanwalt für IT-Recht kann ich bestätigen, dass die meisten Strafverfahren wegen negativer Bewertungen folgende typische Verläufe nehmen:

  1. Die Anzeige wird aufgenommen, aber aufgrund von Kapazitätsmangel monatelang nicht bearbeitet
  2. Das Verfahren wird eingestellt, weil der Täter nicht ermittelt werden kann
  3. Das Verfahren wird wegen geringer Schuld eingestellt
  4. Selbst bei erfolgreicher Ermittlung erfolgt oft nur eine geringe Strafe, die keinen Einfluss auf die Bewertung hat

Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn beschreibt die Situation treffend: „Die Alarmsignale für einen überlasteten Rechtsstaat häufen sich.“ Wenn sogar in schwerwiegenden Fällen über 60 dringend Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten, weil die Verfahren nicht schnell genug bearbeitet werden konnten, wird deutlich, dass für Bewertungsfälle kaum Kapazitäten bleiben.

Der effektivere Weg: Zivilrechtliches Vorgehen

Anstatt auf ein langwieriges und oft fruchtloses Strafverfahren zu setzen, empfehle ich als Fachanwalt für IT-Recht einen direkteren Ansatz:

  1. Analyse der Bewertung auf ihre Rechtmäßigkeit
  2. Direkte Kontaktaufnahme mit dem Bewertungsportal
  3. Durchsetzung des Löschungsanspruchs mit fundierten rechtlichen Argumenten
  4. Bei Bedarf: Einstweilige Verfügung gegen das Bewertungsportal

Diese Vorgehensweise adressiert das eigentliche Ziel direkt: Die schnelle Entfernung der schädigenden Bewertung. Der zivilrechtliche Weg ist in den meisten Fällen erheblich schneller und zielführender als der Umweg über das Strafrecht.

Wann kann eine Strafanzeige dennoch sinnvoll sein?

Es gibt durchaus Konstellationen, in denen eine parallele Strafanzeige ergänzend Sinn ergeben kann:

  • Bei klaren Bedrohungen oder massiven Verleumdungen
  • Bei systematischen Rufschädigungskampagnen
  • Wenn die Identität des Bewertenden bekannt ist und zivilrechtlich gegen diesen vorgegangen werden soll

In diesen Fällen sollte die Strafanzeige jedoch stets als ergänzende Maßnahme zum zivilrechtlichen Vorgehen verstanden werden, nicht als primäre Strategie zur Bewertungslöschung.

Die strategische Herangehensweise

Als erfahrener Rechtsanwalt im Bereich Online-Reputationsmanagement empfehle ich eine strategische Herangehensweise, die mehrere Ebenen umfasst:

  1. Schnelle Reaktion: Je länger eine negative Bewertung online steht, desto mehr Schaden kann sie anrichten.
  2. Rechtliche Prüfung: Nicht jede negative Bewertung ist rechtswidrig. Eine fundierte juristische Analyse ist der erste Schritt.
  3. Direkte Kommunikation: In manchen Fällen kann eine direkte Kommunikation mit dem Bewertenden zur Löschung führen.
  4. Plattform kontaktieren: Bewertungsportale haben eigene Prüfverfahren. Mit den richtigen Argumenten können rechtswidrige Bewertungen entfernt werden.
  5. Gerichtliches Vorgehen: Wenn nötig, kann eine einstweilige Verfügung innerhalb weniger Tage zur Löschung führen.
  6. Präventive Maßnahmen: Langfristig sollte ein aktives Bewertungsmanagement etabliert werden.

Fazit: Effektive Lösungen statt falscher Hoffnungen

Die Idee, mit einer Strafanzeige gegen negative Bewertungen vorzugehen, ist verständlich, aber in der Praxis selten zielführend. Die Überlastung der Staatsanwaltschaften mit knapp 933.000 unerledigten Fällen führt dazu, dass selbst berechtigte Anzeigen oft im Sande verlaufen.

Stattdessen sollten Betroffene auf spezialisierte rechtliche Unterstützung setzen, die direkt auf das Ziel – die Löschung der Bewertung – hinarbeitet. Durch gezieltes zivilrechtliches Vorgehen lassen sich negative Bewertungen oft schneller und effektiver bekämpfen als durch den Umweg über das Strafrecht.

Als Fachanwalt für IT-Recht mit Schwerpunkt auf Reputationsmanagement und der Löschung negativer Bewertungen biete ich meinen Mandanten genau diese strategische und lösungsorientierte Unterstützung. Denn letztlich geht es nicht um abstrafte Strafverfolgung, sondern um den konkreten Schutz Ihres guten Rufs im digitalen Zeitalter.

Eine negative Bewertung kann Ihren Ruf gefährden – aber mit der richtigen Strategie lässt sich dieser Schaden effektiv begrenzen und beheben.

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