Kundenbewertungen und Gewinnspiele im Online-Shop: Aktuelle Rechtsprechung warnt vor versteckten Risiken

Für den Erfolg eines Online-Shops sind positive Kundenbewertungen von großer Bedeutung. Sie schaffen Vertrauen und beeinflussen maßgeblich die Kaufentscheidungen potenzieller Kunden. Doch bei dem Versuch, mehr Bewertungen zu generieren, begeben sich viele Händler auf rechtlich dünnes Eis – insbesondere wenn sie Gewinnspiele als Anreiz nutzen. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 20. Juni 2024 (Az.: 6 U 128/23) verdeutlicht die damit verbundenen rechtlichen Risiken.

Die rechtliche Bewertung des OLG Frankfurt

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung unmissverständlich klar: Werden Kundenbewertungen durch Gewinnspielanreize gewonnen und dieser Umstand nicht ausreichend gekennzeichnet, liegt eine rechtlich relevante Irreführung vor. Diese Praxis verstößt gegen das Wettbewerbsrecht und kann entsprechende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Die wesentlichen Urteilsgründe Az.: 6 U 128/23

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat der Berufung der Klägerin teilweise stattgegeben und das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Frankfurt abgeändert. Im Kern ging es um die Frage, ob Produktbewertungen in einem Online-Fahrradshop irreführend sind, wenn Kunden für ihre Bewertungsabgabe an einem Gewinnspiel teilnehmen können.

Das Gericht stufte die durch das Gewinnspiel generierten Bewertungen als „bezahlte“ Bewertungen ein. Begründet wurde dies damit, dass die Chance auf einen 200€-Gutschein einen geldwerten Vorteil darstellt. Nach Auffassung des Senats besteht bei solchen Anreizen die Gefahr, dass Nutzer ihre Bewertungen nicht völlig unbeeinflusst abgeben. Auch wenn der monetäre Anreiz nur mittelbar durch die Gewinnspielteilnahme erfolgt, können Kunden aus Dankbarkeit zu positiveren Bewertungen neigen – sei es auch unbewusst.

Besonders kritisch sah das Gericht die mangelnde Transparenz bei der Darstellung der Bewertungen. Der Online-Shop klärte die Verbraucher nicht ausreichend darüber auf, dass die Bewertungen im Zusammenhang mit einem Gewinnspiel entstanden sind. Die vorhandenen Hinweise waren entweder zu spät im Kaufprozess platziert oder so unauffällig gestaltet, dass sie vom durchschnittlichen Verbraucher übersehen werden konnten.

Die Richter betonten dabei, dass bereits die nähere Beschäftigung mit einem konkreten Fahrradmodell eine geschäftliche Entscheidung darstellt. Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung sei weit auszulegen und umfasse alle Zwischenschritte, die letztlich zum Kauf führen können. Daher sei es irreführend, wenn der Verbraucher in dieser Phase nicht transparent über die Entstehung der Bewertungen informiert wird.

Das Gericht untersagte der Beklagten daraufhin die irreführende Bewerbung mit den durch das Gewinnspiel generierten Bewertungen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zu zwei Dritteln der Beklagten und zu einem Drittel der Klägerin auferlegt. Interessanterweise wurde das grundsätzliche Verbot der Auslobung von Gewinnspielen für Bewertungen nicht bestätigt.

Diese Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig eine transparente und deutlich sichtbare Aufklärung über die Entstehungsumstände von Kundenbewertungen ist. Shops müssen sicherstellen, dass Verbraucher von Anfang an erkennen können, wenn Bewertungen durch Gewinnspiele oder ähnliche Anreize entstanden sind.

Warum Gewinnspiele die Objektivität gefährden

Die Frankfurter Richter begründeten ihre Entscheidung mit einem überzeugenden Argument: Bewertungen, die im Rahmen eines Gewinnspiels abgegeben werden, können nicht als objektiv betrachtet werden. Die Aussicht auf eine mögliche Belohnung beeinflusst die Unabhängigkeit der Bewertung erheblich. Diese Einschätzung entspricht der Lebenserfahrung – wer auf einen Gewinn hofft, wird möglicherweise zu einer positiveren Bewertung neigen.

Transparenz als entscheidender Faktor

Besonders problematisch wird es, wenn Online-Händler den Zusammenhang zwischen Gewinnspiel und Bewertung nicht transparent machen. Potenzielle Kunden müssen erkennen können, unter welchen Umständen eine Bewertung entstanden ist. Fehlt dieser Hinweis, werden sie über die Entstehungsumstände und damit möglicherweise auch über die Objektivität der Bewertungen getäuscht.

Strategische Empfehlungen für Online-Händler

Um rechtliche Risiken zu vermeiden und gleichzeitig authentisches Kundenfeedback zu erhalten, empfehlen sich folgende Vorgehensweisen:

  1. Setzen Sie auf natürliche Bewertungsanreize durch exzellenten Service und Produktqualität.
  2. Bitten Sie Kunden höflich um eine ehrliche Bewertung, ohne dafür Belohnungen in Aussicht zu stellen.
  3. Konzentrieren Sie sich auf die kontinuierliche Verbesserung Ihres Angebots basierend auf echtem Kundenfeedback.
  4. Reagieren Sie zeitnah und professionell auf vorhandene Bewertungen – sowohl positive als auch negative.

Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen

Ein Verstoß gegen diese rechtlichen Vorgaben kann weitreichende Folgen haben. Neben Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände drohen kostspielige Unterlassungsklagen. Zusätzlich kann der Reputationsschaden erheblich sein, wenn bekannt wird, dass ein Unternehmen versucht hat, Bewertungen durch Gewinnspiele zu beeinflussen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt verdeutlicht einmal mehr die hohe Bedeutung von Transparenz im Online-Handel. Gewinnspiele als Anreiz für Kundenbewertungen sind rechtlich riskant und können mehr schaden als nutzen. Stattdessen sollten Online-Händler auf authentische Bewertungen setzen, die auf echten Kundenerfahrungen basieren. Dies schafft nachhaltiges Vertrauen und minimiert rechtliche Risiken.

Für eine rechtssichere Gestaltung Ihrer Bewertungssysteme und Online-Präsenz stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Analyse Ihrer spezifischen Situation.

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