Online-Bewertungen sind aus dem digitalen Einkaufsalltag nicht mehr wegzudenken. Ob es um das neue Smartphone, das Restaurant um die Ecke oder die nächste Urlaubsreise geht – für mehr als die Hälfte der Online-Käufer:innen sind Kundenbewertungen die wichtigste Informationsquelle vor einer Entscheidung. Doch wie viel Vertrauen können wir diesen oft meinungsstarken, aber anonymen Stimmen schenken? Die ernüchternde Realität: Nur zwei Prozent der Nutzer:innen vertrauen Online-Bewertungen voll und ganz. Diese Diskrepanz zeigt deutlich: Es herrscht Unsicherheit. Was ist von Online-Bewertungen zu halten? Diese Frage ist zentral, denn hinter den Sternen und Kommentaren kann sich alles verbergen – von authentischen Erfahrungsberichten bis hin zu geschickt platzierten Manipulationen und glatten Fälschungen.
Als Ihr Partner für ReputationsmanagementReputationsmanagement bezeichnet die Praxis, den Ruf einer P... Mehr und IT-Recht möchte ich Ihnen heute eine strategische Perspektive und kompetente Einblicke geben, damit Sie Online-Bewertungen besser einschätzen und fundierte Entscheidungen treffen können.
Das Wichtigste in Kürze: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste
- Vertrauen Sie Online-Bewertungen nicht blind! Die Bandbreite ist riesig und die Authentizität oft schwer prüfbar.
- Hersteller, Händler und Portale haben oft ein Eigeninteresse und können BewertungenBewertungen sind Rückmeldungen oder Beurteilungen von Produ... Mehr auf vielfältige Weise beeinflussen. Nicht immer ist dies transparent.
- Besondere Skepsis ist bei Affiliate-Programmen und Produkttester-Clubs geboten. Hier können finanzielle Anreize die Objektivität trüben.
- Seit Mai 2022 gibt es neue gesetzliche Transparenzverpflichtungen für Portale bezüglich ihres Umgangs mit Bewertungen. Doch eine Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) im Frühjahr 2023 zeigte große Mängel bei der Umsetzung.
- Wir zeigen Ihnen, wie Sie Interessenkonflikte erkennen und wo Sie besonders vorsichtig sein sollten.
Die Schattenseiten des Bewertungsmarktes: Manipulation und mangelnde Transparenz
Online-Bewertungen sind ein mächtiges Werkzeug. Sie können den Ruf eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen – positiv wie negativ. Genau deshalb ist der Anreiz groß, hier nachzuhelfen. Analysen des vzbv haben wiederholt offengelegt, dass ein Großteil der untersuchten Webshops, Händler und Portale die gesetzlichen Informationspflichten zur Sicherstellung der Herkunft und Echtheit von Bewertungen nicht oder nur unzureichend umsetzt. Mehr noch: Es wird systematisch Einfluss genommen, um Kaufentscheidungen zu manipulieren.
Beispiele für manipulative Praktiken:
- Gekaufte Positiv-Bewertungen: Auffällig gewordene Händler und Shops investieren in positive Rezensionen oder locken Kund:innen mit Gutscheinen für Höchstbewertungen.
- Einschüchterung bei Kritik: Nicht selten verschicken Händler Anwaltsschreiben, um Verbraucher:innen zur Rücknahme negativer, aber berechtigter Bewertungen zu drängen. Hier ist kompetente rechtliche Unterstützung entscheidend.
- Falsche Sterne-Deklaration: Produkte werden mit 5 Sternen beworben, obwohl realiter noch keine einzige Kundenbewertung vorliegt.
- Vermischung von Bewertungsarten: Produkt- und Anbieterbewertungen werden undifferenziert dargestellt, was es erschwert, die Relevanz einer Bewertung für das spezifische Produkt zu erkennen.
- Fehlende Pflichtinformationen: Angaben darüber, ob und wie Anbieter die Authentizität veröffentlichter Bewertungen sicherstellen, fehlen häufig oder werden nicht prominent platziert.
Der vzbv warnt eindringlich vor ernsthaften Wettbewerbsverzerrungen durch solche manipulierten Bewertungen. Eine Gesetzesänderung vom 28. Mai 2022 sollte Unternehmen zu mehr Transparenz zwingen. Doch die Evaluation des vzbv ist alarmierend: 86 Prozent der untersuchten Anbieter setzen die neuen Regelungen aus Verbraucherschutzsicht nicht oder nur unzureichend um.
Was das Gesetz eigentlich fordert: Portale müssen zugänglich machen und darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass Bewertungen von tatsächlichen Nutzer:innen stammen. Dazu gehören klare Informationen über den Umgang mit abgegebenen Bewertungen, Kriterien für deren Aussortierung und ob alle Bewertungen – positive wie negative – veröffentlicht werden. Leider werden das Versprechen von Belohnungen für positive Bewertungen oder das Vorgehen gegen negative Bewertungen davon oft nicht erfasst.
Wenn Anbieter Bewertungsinhalte externer Portale (z.B. eKomi, Trustpilot) einbinden, gelten dieselben Transparenzpflichten. Fehlen Informationen zur Überprüfungspraxis dieser Drittquellen, können Verbraucher:innen über die Qualitätssicherungsstandards getäuscht werden. Der vzbv prüft hier bereits Unterlassungsverfahren oder hat Abmahnungen ausgesprochen.
Wie können Portale gefälschte Bewertungen verhindern? Ein Blick auf die Methoden
Verbraucherzentralen haben untersucht, welche Instrumente Portale im Kampf gegen Manipulationen einsetzen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nicht alle Akteure engagieren sich gleich stark. Drei Instrumente können die Qualität von Rezensionen jedoch verbessern:
- Prüfung von Bewertungen durch Algorithmen: Software erkennt verdächtige Muster.
- Missbrauchsmeldefunktion für Verbraucher:innen: Nutzer können auffällige Bewertungen melden.
- Manuelle Prüfung durch Mitarbeiter: Geschultes Personal sichtet auffällige Fälle.
Eine Kombination dieser drei Instrumente bietet den besten Schutz. Die Verbraucherschützer unterscheiden drei Typen von Portalen:
- Die Gewissenhaften: Nutzen alle drei Prüfverfahren und setzen nur auf ideelle Anreize für Bewertungseingaben.
- Die Ambitionierten: Setzen auf automatisierte und manuelle Prüfungen und kommunizieren vor allem bei Problemen.
- Die Zurückhaltenden: Räumen Prüfverfahren geringen Stellenwert ein und motivieren teils mit Gutscheinen zur Bewertungsabgabe – ein potenzieller Interessenkonflikt.
So mischen die Portale bei Bewertungen mit: Nicht alles ist Gold, was glänzt
Bewertungsportale stellen oft ein Gesamtergebnis dar. Doch wie dieses zustande kommt, ist häufig intransparent. Portale nehmen teilweise selbst Einfluss darauf, welche Bewertungen berücksichtigt und wie sie gewichtet werden. Die angezeigte Gesamtbewertung ist also nicht immer der schlichte Durchschnitt aller abgegebenen Noten, entscheidet aber maßgeblich über das RankingEin Ranking bei Bewertungen bezieht sich auf die systematisc... Mehr.
Auch die Möglichkeit, Bewertungen als „hilfreich“ zu markieren oder mit Daumen hoch/runter zu versehen, kann das Ranking indirekt beeinflussen – und wird teils manipulativ genutzt. Selten wird offengelegt, welchen Einfluss diese Markierungen haben. Ältere, wenn auch sehr gute Bewertungen, fallen manchmal aus der Gesamtwertung heraus, oder Bewertungen bestimmter, als „besonders vertrauenswürdig“ eingestufter Nutzer werden bevorzugt. Das mag hilfreich sein, muss es aber nicht und ist vor allem eines: undurchsichtig. Jedes Portal verfolgt hier seine eigene, oft nicht ausreichend kommunizierte Strategie.
Was gilt für gesponserte Bewertungen? Transparenz ist gefordert!
Wenn Nutzer:innen für Bewertungen Belohnungen erhalten (Geld, Produkte, Gutscheine), müssen diese klar als solche gekennzeichnet werden. Der vzbv fordert hier unmissverständlich: „Bewertungen sind ein wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung. Aus dem Grund ist es erforderlich, dass Anbieter alle Nutzerbewertungen, egal ob positiv oder negativ, gleichwertig und objektiv ranken“, so Lina Ehrig vom vzbv. „Gesponserte Bewertungen […] müssen als solche gekennzeichnet werden und dürfen keinen Einfluss auf die Gesamtbewertung eines Produktes oder einer Dienstleistung haben.“
Was sind Affiliate-Programme und wie funktionieren sie? Das Geschäft mit der Empfehlung
Influencer:innen auf YouTube und Social Media präsentieren Produkte. Vielen ist nicht bewusst, dass dahinter oft ein Geschäftsmodell steckt: Affiliate-Marketing. Händler zahlen Provisionen pro Klick oder Kauf. Solche Beiträge müssen als Werbung gekennzeichnet sein.
So funktioniert’s:
- Influencer:innen setzen Links zu Produktseiten. Spezielle Codes im Link machen nachvollziehbar, woher der Klick kam.
- Provisionen fließen, wenn geklickt oder gekauft wird, oft abhängig vom Warenwert.
- Die Gefahr: Je besser und teurer die bewerteten Produkte, und je mehr Bewertungen, desto höher potenziell der Verdienst des Influencers. Die Objektivität kann hier leiden.
Kann ich mich auf die Angaben von Test-Portalen verlassen? Vorsicht vor Pseudo-Tests!
Sogenannte Test-Portale erwecken oft den Anschein objektiver Produktprüfungen mit Vergleichssiegern und Noten. In Wahrheit handelt es sich häufig ebenfalls um Affiliate-Marketing. Manche Autoren haben die Produkte nie selbst in der Hand gehabt, sondern stützen ihre „Tests“ auf Herstellerinfos und Rezensionen großer Verkaufsplattformen. Nach welchen Kriterien hier ein Testergebnis entsteht, bleibt meist schleierhaft. Der vzbv hat bereits Portale wegen Vortäuschung von Produkttests abgemahnt.
Achten Sie bei Test-Portalen auf diese Signale:
- Ungewöhnlich lange Links mit vielen Zahlen- und Buchstabenkombinationen können Affiliate-Links sein.
- Werden eher teure Produkte am besten bewertet?
- Gibt es kaum schlechte Bewertungen?
- Führen die Links primär zu denselben großen Händlern? Achtung: Der verlinkte Shop bietet nicht immer den besten Preis. Vergleichen Sie!
Was ist von Portalen zu halten, die Testberichte sammeln? Masse ist nicht gleich Klasse!
Einige Portale spezialisieren sich darauf, möglichst viele Produkttests zu sammeln. Landet ein Produkt auf vielen Portalen in den Bestenlisten, erscheint es auch hier weit oben. Doch als Käufer:in erkennen Sie hier erst recht nicht, nach welchen Kriterien die einzelnen berücksichtigten Tester vorgegangen sind. Das Fazit der Verbraucherzentralen: Viel hilft nicht viel! Achten Sie stattdessen auf die Seriosität und Nachvollziehbarkeit des einzelnen Tests.
Was muss ich bei Produkttester-Clubs und Vorteilsprogrammen beachten? Die Gefahr der Gefälligkeit
Manche Online-Händler behandeln bestimmte Tester bevorzugt, etwa in Produkttester-Clubs. Diese erhalten Produkte früher oder kostenlos.
Die Risiken: Solche Tester fühlen sich möglicherweise geschmeichelt und könnten aus Sorge um ihren Status oder aus Dankbarkeit positiver bewerten, als sie es sonst täten. Wenn Bewertungen durch Geschenke, Gutscheine oder Geld belohnt werden, müsste dies klar gekennzeichnet sein – was nicht immer der Fall ist.
Achten Sie bei Bewertungen in Shops auf:
- Spezielle Bezeichnungen für Bewerter: Hinterfragen Sie, ob es sich wirklich um besonders kritische Tester handelt.
- Hervorhebung einzelner Bewertungen: Stehen Tests von Mitgliedern solcher Vorteilsprogramme oft ganz oben?
Wie zuverlässig ist die Bewertung von Laien? Grenzen der Expertise
Viele Käufer:innen schildern ehrliche, persönliche Eindrücke. Für tiefgehende, objektive Beurteilungen fehlen ihnen jedoch oft die Mittel und das Fachwissen:
- Robustheitstests: Wie bruchsicher ein Koffer ist, zeigt sich oft erst unter extremen Bedingungen, die Laien nicht simulieren.
- Fachwissen: Die Bewertung bestimmter Produkte, wie Medikamente durch Laien auf Online-Apotheken-Seiten, kann sogar gefährlich sein.
- Vergleichsmaßstab: Unabhängige, große Tests (z.B. Stiftung Warentest) vergleichen viele Produkte direkt miteinander. Erst im Vergleich zeigt sich oft die wahre Qualität.
Fazit: Navigieren Sie kompetent und strategisch durch die Welt der Online-Bewertungen
Was ist also von Online-Bewertungen zu halten? Sie können ein nützlicher Anhaltspunkt sein, aber niemals die alleinige Entscheidungsgrundlage. Eine gesunde Skepsis, ein kritischer Blick und das Wissen um die beschriebenen Fallstricke sind unerlässlich. Achten Sie auf Transparenzhinweise der Portale, hinterfragen Sie allzu euphorische oder pauschal vernichtende Kommentare und ziehen Sie mehrere Quellen zurate.
Für Unternehmen und Freiberufler bedeutet dies zweierlei: Zum einen ist ein proaktives und ehrliches Reputationsmanagement unerlässlich. Zum anderen ist es wichtig, sich gegen unfaire oder gefälschte negative Bewertungen zur Wehr zu setzen. Hier stehe ich Ihnen mit meiner Expertise im IT-Recht und Reputationsmanagement zur Seite, um Ihre rechtlichen Interessen effektiv durchzusetzen und Ihren guten Ruf zu schützen. Denn Vertrauen ist die härteste Währung im Internet.
Ihre Erfahrungen sind wichtig!
Welche Erfahrungen haben Sie mit Online-Bewertungen gemacht? Teilen Sie Ihre Gedanken gerne in den Kommentaren!
Weitere Fragen?
Wenn Sie Fragen zum Thema Online-Bewertungen, Reputationsmanagement oder zum rechtlichen Vorgehen gegen rufschädigende Inhalte haben, stehe ich Ihnen für eine individuelle Beratung gerne zur Verfügung. Lassen Sie uns gemeinsam eine Strategie entwickeln, um Ihre Ziele zu erreichen.