Ist kununu seriös? Eine anwaltliche Perspektive auf die Bewertungsplattform

In der heutigen digitalen Arbeitswelt ist Transparenz zu einem der höchsten Güter geworden. Bewerber suchen nicht mehr nur nach einer Stelle, sie suchen nach einer Unternehmenskultur, die zu ihnen passt. Arbeitgeber wiederum sind sich bewusst, dass ihr Ruf im Netz entscheidend für den Erfolg im „War for Talents“ ist. In diesem Spannungsfeld hat sich eine Plattform als zentraler Akteur im deutschsprachigen Raum etabliert: kununu. Mit Millionen von Bewertungen zu Gehältern, Benefits und der allgemeinen Arbeitsatmosphäre verspricht kununu, Licht ins Dunkel des Arbeitsalltags zu bringen. Ist kununu seriös?

Doch wie verlässlich ist dieses Licht wirklich? Die Frage, die mir als auf Reputationsrecht spezialisierter Anwalt immer wieder gestellt wird, lautet: „Herr Feil, kann man kununu wirklich trauen?“ Diese Frage ist weit mehr als nur eine akademische Übung. Für Unternehmen kann ein schlechter kununu-Score existenzbedrohend sein. Für Bewerber kann eine geschönte Darstellung zu einer herben Enttäuschung im neuen Job führen.

Die Diskussionen im Netz, insbesondere auf Plattformen wie Trustpilot und Reddit, zeichnen ein zerrissenes Bild. Die Meinungen reichen von „unverzichtbares Werkzeug“ bis hin zu „käufliches Portal“. Als Anwalt sehe ich es als meine Aufgabe, über die emotionalen Ausbrüche hinauszublicken und eine fundierte, strategische Einschätzung zu geben. In diesem Beitrag möchte ich die Funktionsweise von kununu beleuchten, die geäußerte Kritik aus rechtlicher und praktischer Sicht analysieren und Ihnen eine klare Handlungsempfehlung an die Hand geben – sowohl als Unternehmen als auch als Nutzer.

Das Versprechen der Transparenz versus die kritische Realität – Ist kununu seriös?

Kununu startete mit einer revolutionären Idee: Arbeitnehmer sollten anonym und frei ihre Erfahrungen teilen können, um anderen eine authentische Entscheidungsgrundlage zu bieten. Dieser Grundgedanke ist ohne Frage wertvoll. Er hat Hierarchien aufgebrochen und Unternehmen dazu gezwungen, sich intensiver mit ihrer eigenen Kultur auseinanderzusetzen. Eine gute kununu-Bewertung ist heute ein starkes Pfund im Personalmarketing.

Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Die Anonymität, die ehrliche Bewertungen ermöglichen soll, öffnet gleichzeitig Tür und Tor für Missbrauch. Und das Geschäftsmodell von kununu, das unter anderem auf dem Verkauf von „Employer Branding“-Profilen an Unternehmen basiert, wirft unweigerlich Fragen nach einem möglichen Interessenkonflikt auf.

Um die Tiefe der Problematik zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die konkreten Erfahrungen, die Nutzer geteilt haben. Auf Trustpilot, einer Plattform, auf der die Rollen getauscht sind und kununu selbst zum bewerteten Objekt wird, verdichten sich die Vorwürfe.

Was schreiben Nutzer über Kununu?

Ein Nutzer schreibt beispielsweise, es sei ihm „rätselhaft“, wie kununu überhaupt noch als seriöses Portal agieren dürfe. Er schildert einen Mechanismus, der vielen Kritikern als zentrales Ärgernis gilt:

„Schlechte Bewertungen eines Arbeitgebers, können von demselbigen, mit dem Hinweis ‚Das stimmt doch garnicht‘ sofort reklamiert werden und kununu macht das dann schön brav. Ein paar schlechte Bewertungen werden dann doch zugelassen, damit das ganze einen seriösen Eindruck erweckt. Eine vollkommen gelogene gute Bewertung, na die bleibt natürlich bestehen und der Arbeitgeber/HR bedankt sich dann artig.“

Dieser Vorwurf ist schwerwiegend. Er unterstellt eine aktive Manipulation zugunsten von zahlenden Unternehmenskunden. Aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich, dass die Realität komplexer ist, aber genau in dieser Komplexität liegt die Ursache für den Frust. Ein Unternehmen kann eine Bewertung nicht einfach mit dem Hinweis „Das stimmt nicht“ entfernen lassen. Es muss einen Verstoß gegen die kununu-Richtlinien oder geltendes Recht geltend machen. Dazu gehören unwahre Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik oder die Nennung von Klarnamen.

Hier beginnt die Grauzone: Ein Unternehmen meldet eine Bewertung. Kununu ist nun rechtlich in der Pflicht, den Vorwurf zu prüfen, um nicht selbst als „Störer“ in Haftung genommen zu werden. Im Rahmen dieses Prüfprozesses wird der Verfasser der Bewertung kontaktiert und um eine Stellungnahme oder einen Nachweis gebeten. Reagiert der Verfasser nicht oder kann er seine Aussagen nicht substanziieren, wird die Bewertung (oder Teile davon) entfernt. Für den außenstehenden Betrachter oder den frustrierten Verfasser sieht dies wie eine willkürliche Löschung zugunsten des Arbeitgebers aus. Der Eindruck, dass hier eine „gekaufte“ Säuberung stattfindet, entsteht schnell, auch wenn es sich um einen standardisierten rechtlichen Prozess handelt.

„Vollkommen gelogene gute Bewertungen“ bei Kununu?

Die Behauptung, dass „vollkommen gelogene gute Bewertungen“ einfach stehen bleiben, ist die Kehrseite der Medaille. Es ist für einen außenstehenden Dritten oder sogar für kununu selbst extrem schwierig, eine positive Bewertung als „gelogen“ zu identifizieren, solange sie keine internen Widersprüche oder offensichtlichen Unwahrheiten enthält. Hier fehlt oft der Anlass für eine formelle Prüfung, was zu einer gefühlten Schieflage führt. Ist kununu seriös?

Ein anderer Nutzer spitzt diesen Gedanken weiter zu und behauptet, die Plattform sei von Grund auf parteiisch:

„Kununu ist pro arbeitgeber, löscht schlechte bewertungen (vermutlich gegen bezahlung) und lässt firmen immer gut aussehen. Wenn eine firma mit ihrer kununu bewertung prahlt, heisst das überhaupt nichts gutes.“

Die Unterstellung, Löschungen würden „gegen Bezahlung“ erfolgen, ist ein strafrechtlich relevanter Vorwurf, für den es öffentlich keine Beweise gibt. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass der beschriebene Prüfprozess und das Geschäftsmodell von kununu eine unglückliche Symbiose eingehen. Unternehmen, die für ein Employer-Branding-Profil bezahlen, erhalten einen direkten Ansprechpartner und eine intensivere Betreuung. Es liegt nahe, dass sie die Möglichkeiten zur Meldung von Bewertungen konsequenter und professioneller nutzen als Unternehmen ohne ein solches Profil. Das Ergebnis kann dann so aussehen, als würden zahlende Kunden bevorzugt, selbst wenn der zugrundeliegende Prozess für alle gleich ist. Das Vertrauen in die Neutralität der Plattform wird dadurch massiv untergraben.

Die zwei Seiten der Medaille: Die Perspektive von Arbeitgebern und Nutzern

Besonders aufschlussreich ist die Kritik einer Person, die beide Seiten kennt – die des Arbeitgebers und die des Nutzers. Diese differenzierte Sichtweise zeigt das Dilemma von kununu in seiner ganzen Tragweite:

„Als Arbeitgeber – in dessen Funktion ich es auch nutze – ist Kununu die Pest. Sofern ein Bewerter die AGB nicht verletzt, kann er im Grunde jeden Rufmord absetzen, den er will – das gilt bei Nicht-Verletzung der AGB als Meinungsäußerung. Dementsprechend verfälschen 5-6 Meckerköppe schnell deine gesamte Bewertung ins Bodenlose.“

Hier wird das Kernproblem aus Unternehmenssicht perfekt beschrieben. Das deutsche Recht schützt die Meinungsfreiheit sehr stark. Eine Bewertung, die aus subjektiven Einschätzungen wie „schlechte Atmosphäre“, „unfähige Führungskraft“ oder „wenig Wertschätzung“ besteht, ist in der Regel als zulässige Meinungsäußerung geschützt, solange sie nicht zur reinen Schmähkritik verkommt. Ein Unternehmen kann sich dagegen kaum wehren. Es ist wahr, dass wenige, aber sehr lautstarke und emotional negativ schreibende Ex-Mitarbeiter das Gesamtbild eines Unternehmens mit Dutzenden oder Hunderten zufriedener Mitarbeiter massiv verzerren können. Aus Sicht des Unternehmers fühlt sich das ohnmächtig und zutiefst unfair an – ein „Rufmord auf Raten“, gegen den man juristisch kaum vorgehen kann.

Dieselbe Person beschreibt jedoch auch eine massive Enttäuschung als Nutzer der Plattform:

„Als Nutzer fand ich’s krass, dass die zu keinem Zeitpunkt meine DSVGO Rechte respektiert haben. Man stellt ALLES auf aus – und bekommt trotzdem Mails von denen.“

Dieser Vorwurf wechselt die Ebene von der inhaltlichen Moderation hin zur technischen und rechtlichen Integrität der Plattform selbst. Ein Verstoß gegen die DSGVO, insbesondere gegen das Recht auf Widerruf der Einwilligung für Marketing-Kommunikation, ist kein Kavaliersdelikt. Für eine Plattform, die auf dem Vertrauen ihrer Nutzer basiert, ist ein solches Verhalten fatal. Es nährt den Verdacht, dass die Nutzerdaten nicht mit der gebotenen Sorgfalt behandelt werden und die kommerziellen Interessen des Unternehmens über den Rechten der eigenen Community stehen. Aus meiner Sicht als Anwalt für IT-Recht ist dies ein kritischer Punkt. Wenn ein Unternehmen die grundlegenden „Spielregeln“ des Datenschutzes missachtet, wie vertrauenswürdig kann dann sein Umgang mit den noch sensibleren Bewertungsdaten sein?

Der Vorwurf der Zensur und die rechtliche Einordnung – Ist kununu seriös?

Ein weiterer, häufig geäußerter Kritikpunkt ist die angebliche Zensur negativer Inhalte. Ein Trustpilot-Nutzer formuliert es drastisch:

„Kununu lässt nur positive Bewertungen zu. Das ist mittlerweile bekannt und sollte abgeschafft werden. Das ist mittlerweile wirklich Betrug. Wenn man nicht schreibt wie toll der Ex Arbeitgeber ist wird die Bewertung nicht zu gelassen“

Diese Aussage ist in ihrer Absolutheit sicher nicht korrekt. Es gibt unzählige Beispiele für Profile mit überwiegend negativen Bewertungen. Dennoch spiegelt sie die Frustration vieler Nutzer wider, deren Bewertungen abgelehnt wurden. Um dies zu verstehen, müssen wir uns erneut den schmalen Grat ansehen, auf dem kununu balanciert.

Eine Bewertung muss aus rechtlicher Sicht zwischen zulässiger Meinungsäußerung und unzulässiger Tatsachenbehauptung oder Schmähkritik unterschieden werden.

  • Eine Meinungsäußerung ist durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt („Ich empfand die Kommunikation als chaotisch“). Sie ist grundsätzlich geschützt.
  • Eine Tatsachenbehauptung ist dem Beweis zugänglich („Das Gehalt wurde wiederholt drei Tage zu spät gezahlt“). Ist sie wahr, ist sie zulässig. Ist sie unwahr, ist sie unzulässig und kann entfernt werden.
  • Schmähkritik liegt vor, wenn nicht mehr die sachliche Auseinandersetzung, sondern die persönliche Diffamierung und Herabwürdigung im Vordergrund steht („Der Geschäftsführer ist ein Betrüger“). Dies ist immer unzulässig.

Kununu hat diese rechtlichen Vorgaben in seine eigenen Richtlinien übersetzt. Eine Bewertung wird beispielsweise abgelehnt, wenn sie nur aus einem Wort besteht, wenn sie vertrauliche Interna enthält oder wenn der Verfasser auf Nachfrage keinen Nachweis erbringen kann, dass er tatsächlich für das Unternehmen tätig war. Für einen Nutzer, der einfach nur seinem Ärger Luft machen wollte, fühlt sich dieser Prozess wie Zensur an. Er wollte seine Meinung sagen, und die Plattform verweigert ihm dies. Dass er dabei möglicherweise eine rechtliche Grenze überschritten hat, ist ihm oft nicht bewusst.

Meine strategische Empfehlung als Anwalt

Nach all dieser Kritik stellt sich die Frage: Sollte man kununu also komplett meiden? Meine Antwort ist ein klares „Nein, aber…“. Man muss die Plattform strategisch und mit einem kritischen Bewusstsein nutzen.

Für Arbeitnehmer und Jobsuchende:

Betrachten Sie kununu als einen von vielen Mosaiksteinen im Gesamtbild eines Unternehmens. Verlassen Sie sich niemals allein auf den Gesamtscore. Lesen Sie die Bewertungen im Detail. Achten Sie auf Muster: Wiederholen sich bestimmte Kritikpunkte (z.B. zur Führungskultur, zur Work-Life-Balance) über einen längeren Zeitraum und von verschiedenen Bewertern? Das ist ein starkes Indiz. Ignorieren Sie einzelne, extrem positive oder extrem negative Ausreißer. Eine einzelne 5-Sterne-Bewertung, die das Unternehmen in den Himmel lobt, kann von der HR-Abteilung stammen. Eine einzelne 1-Stern-Bewertung kann von einem zutiefst gekränkten Mitarbeiter stammen, dessen Perspektive nicht repräsentativ ist. Suchen Sie nach differenzierten, ausgewogenen Kommentaren, die sowohl positive als auch negative Aspekte beleuchten. Das sind oft die authentischsten.

Für Arbeitgeber:

Sehen Sie kununu nicht als Feind, sondern als Werkzeug und Chance.

  1. Agieren statt Reagieren: Warten Sie nicht auf die erste negative Bewertung. Etablieren Sie eine proaktive Strategie. Bitten Sie aktiv und systematisch alle Mitarbeiter – auch und gerade die, die das Unternehmen im Guten verlassen –, eine faire Bewertung abzugeben. Ein authentisch gewachsenes, breites Spektrum an Meinungen ist der beste Schutz gegen einzelne negative Ausreißer.
  2. Professionell antworten: Nutzen Sie die Kommentarfunktion. Reagieren Sie auf negative Bewertungen sachlich, professionell und lösungsorientiert. Bedanken Sie sich für das Feedback, zeigen Sie Verständnis (ohne die Kritik pauschal zu akzeptieren) und bieten Sie einen internen Dialog an. Das signalisiert Souveränität und Wertschätzung gegenüber Kritik.
  3. Rechtliche Möglichkeiten kennen und nutzen: Wenn eine Bewertung nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen, Betriebsgeheimnisse oder Schmähkritik enthält, sollten Sie handeln. Nutzen Sie den offiziellen Meldeprozess von kununu. Dokumentieren Sie den Fall genau. Hierbei unterstütze ich meine Mandanten, indem ich die Erfolgsaussichten einer Meldung prüfe und die Kommunikation mit der Plattform rechtssicher gestalte. Das Ziel ist nicht, jede Kritik zu unterdrücken, sondern die eigene Reputation vor unzulässigen Angriffen effektiv zu schützen.

Fazit – Ist kununu seriös?: Ein mächtiges Werkzeug mit systemischen Schwächen

Ist kununu also seriös? Die Antwort ist kein einfaches Ja oder Nein. Kununu ist ein kommerzielles Unternehmen, das in einem rechtlich und emotional hochkomplexen Umfeld agiert. Die Plattform hat systemische Schwächen, die aus ihrem Geschäftsmodell und der schwierigen Aufgabe der Inhaltsmoderation resultieren. Der Verdacht, dass zahlende Kunden zumindest indirekt Vorteile genießen, lässt sich nicht gänzlich von der Hand weisen und schadet der Glaubwürdigkeit massiv.

Gleichzeitig bleibt kununu ein unverzichtbares Instrument für mehr Transparenz auf dem Arbeitsmarkt. Die Seriosität der Plattform hängt letztlich entscheidend davon ab, wie wir sie nutzen. Ein naiver, unkritischer Glaube an die Scores ist genauso fehl am Platz wie eine pauschale Verteufelung.

Der Schutz und die Gestaltung Ihrer Online-Reputation sind kein passiver Prozess, sondern erfordern eine aktive und kluge Strategie. Es geht darum, die Spielregeln zu kennen und souverän für die eigenen Interessen einzutreten. Wenn Sie Unterstützung benötigen, um sich gegen rufschädigende Unwahrheiten zur Wehr zu setzen oder eine proaktive Reputationsstrategie zu entwickeln, stehe ich Ihnen mit meiner juristischen Expertise kompetent zur Seite. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Ihr guter Ruf im Netz kein Zufallsprodukt bleibt.

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Rechtsanwalt Thomas Feil
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Thomas Feil

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