Abmahnung wegen Bewertungsaufforderung: Ein Leitfaden für Unternehmen

Als spezialisierter Fachanwalt für IT-Recht erlebe ich in meiner täglichen Praxis regelmäßig, wie Unternehmen durch unüberlegte Aufforderungen zu Kundenbewertungen in rechtliche Schwierigkeiten geraten. Die Herausforderung, einerseits die Reputation durch positive Kundenbewertungen zu fördern und andererseits die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, führt oft zu Konflikten. Besonders brisant wird dies, wenn Unternehmen ohne Einwilligung Bewertungen anfordern und dabei gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen.

Dieser Blogbeitrag soll Sie als Unternehmer oder Selbstständiger darüber informieren, was beim Einholen von Bewertungen rechtlich erlaubt ist und welche Risiken bestehen. Gleichzeitig zeige ich Ihnen, wie Sie Ihre Reputation online effektiv, aber rechtssicher fördern können.

Was sind Bewertungsaufforderungen?

Bewertungsaufforderungen sind Anfragen an Ihre Kunden, eine Bewertung über Ihre Produkte oder Dienstleistungen abzugeben. Diese Anfragen können in unterschiedlichen Formen auftreten, sei es per E-Mail, SMS, durch Plattformen von Drittanbietern oder sogar im persönlichen Gespräch. Unternehmen nutzen solche Aufforderungen, um ihre Online-Reputation zu verbessern, da positive Bewertungen potenzielle Kunden anziehen und Vertrauen schaffen können.

Doch diese Bewertungsaufforderungen sind aus rechtlicher Sicht problematisch, insbesondere dann, wenn sie unaufgefordert per E-Mail oder auf andere Weise an Kunden gesendet werden, die zuvor keine ausdrückliche Zustimmung dazu gegeben haben.

Rechtliche Rahmenbedingungen: UWG und DSGVO

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2018 festgestellt, dass die Bitte um eine Bewertung als Werbung zu qualifizieren ist. Das bedeutet, dass die Vorschriften, die auch für andere Formen der Werbung gelten, hier entsprechend zur Anwendung kommen müssen. Werbung, die per E-Mail verschickt wird, darf in der Regel nur dann erfolgen, wenn der Empfänger zuvor ausdrücklich seine Einwilligung gegeben hat. Fehlt diese Einwilligung, handelt es sich um eine rechtswidrige Handlung, die gemäß § 7 UWG abgemahnt werden kann.

Die Wettbewerbszentrale und Abmahnungen wegen Bewertungsaufforderungen

In der Praxis hat die Wettbewerbszentrale unlängst zwei Fälle von Unternehmen abgemahnt, die ohne Einwilligung E-Mails mit Bewertungsaufforderungen verschickt haben. Betroffen waren dabei ein Onlineshop für Fahrräder sowie ein bekannter Kleidungshersteller. Beide hatten den „Automatischen Feedback Service“ einer Bewertungsplattform genutzt, die nach einem Kauf automatisiert Bewertungsaufforderungen an die Kundschaft versendet hat.

Der wesentliche Verstoß bestand darin, dass die Unternehmen keine ausdrückliche Einwilligung für diese Art von Kommunikation eingeholt hatten. Die Nutzung solcher Bewertungsdienste kann ohne eine vorherige Zustimmung der Kunden als unerlaubte Werbung eingestuft werden. Insbesondere konnten sich die Unternehmen nicht auf die sogenannte „Bestandskundenregelung“ des § 7 Abs. 3 UWG berufen, da die Bewertungsbitte nicht für ähnliche Produkte oder Dienstleistungen war, sondern ausschließlich eine Rückmeldung zum Kauf betraf. Somit lag keine zulässige Bestandskundenwerbung vor.

Datenschutzrechtliche Problematik

Neben dem Verstoß gegen das UWG wurden auch Verstöße gegen die DSGVO festgestellt. Die Unternehmen hatten personenbezogene Daten der Kunden ohne gültige Rechtsgrundlage an die Bewertungsplattform weitergegeben. Dies stellt eine klare Verletzung der Datenschutzgrundverordnung dar, da für die Verarbeitung personenbezogener Daten – hierzu zählen auch die Weitergabe an Drittanbieter – eine Rechtsgrundlage oder die ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Person erforderlich ist. Beide Unternehmen haben nach diesen Vorwürfen Unterlassungserklärungen abgegeben und sich verpflichtet, diese Praxis einzustellen.

Warum eine Einwilligung erforderlich ist

Bedeutung der Einwilligung im Datenschutz und Wettbewerbsrecht

Die Einwilligung ist im Datenschutzrecht (gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) und im Wettbewerbsrecht (gemäß § 7 UWG) eine zentrale Voraussetzung, um Kundenkontakte rechtssicher gestalten zu können. Dies gilt umso mehr für den Versand von E-Mails zu werblichen Zwecken. Auch eine Aufforderung zur Abgabe einer Bewertung ist, wie bereits vom BGH festgestellt, Werbung und bedarf daher einer klaren Zustimmung des Empfängers.

Eine Einwilligung muss spezifisch, informiert und freiwillig sein. Das bedeutet, dass die Kunden explizit darüber informiert werden müssen, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden und dass sie dieser Verarbeitung zustimmen müssen. Ohne eine solche Einwilligung kann das Einholen von Bewertungen eine unzulässige Datenverarbeitung und eine Verletzung der Privatsphäre darstellen.

Bestandskundenwerbung und ihre Grenzen

Das Argument der Bestandskundenwerbung wird von Unternehmen oft herangezogen, um Bewertungsaufforderungen auch ohne Einwilligung zu rechtfertigen. Nach § 7 Abs. 3 UWG ist es unter bestimmten Umständen zulässig, Bestandskunden ohne ausdrückliche Einwilligung zu kontaktieren, sofern die Werbung ähnliche Produkte oder Dienstleistungen betrifft, wie diejenigen, die der Kunde zuvor erworben hat. Bewertungsaufforderungen fallen jedoch nicht in diese Kategorie, da sie keine Werbung für ähnliche Waren oder Dienstleistungen darstellen, sondern lediglich der Erhebung von Feedback dienen.

Die Risiken unerlaubter Bewertungsaufforderungen

Abmahnungen und rechtliche Konsequenzen

Unternehmen, die ohne Einwilligung Bewertungsaufforderungen versenden, riskieren nicht nur Abmahnungen, sondern auch hohe Bußgelder. Die Wettbewerbszentrale hat es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Verstöße gegen das UWG vorzugehen, und fordert betroffene Unternehmen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Kommt es zu wiederholten Verstößen, können zusätzlich Schadensersatzforderungen und gerichtliche Auseinandersetzungen auf die Unternehmen zukommen.

Auch die Datenschutzbehörden können tätig werden, wenn personenbezogene Daten ohne die erforderliche Rechtsgrundlage verarbeitet werden. Die DSGVO sieht für Datenschutzverstöße Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes vor, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Eine unrechtmäßige Weitergabe von Kundendaten an Bewertungsplattformen kann daher erhebliche finanzielle Risiken mit sich bringen.

Imageverlust

Neben den rechtlichen Risiken darf auch der mögliche Reputationsverlust nicht unterschätzt werden. Abmahnungen wegen unzulässiger Bewertungsanfragen könnten an die Öffentlichkeit gelangen und das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen nachhaltig schädigen. Gerade in der heutigen Zeit, in der Transparenz und Datenschutz für viele Verbraucher zentrale Anliegen sind, kann ein solcher Vertrauensverlust schwer wiegen.

Best Practices: Wie Sie rechtssicher Bewertungen einholen können

Einwilligung korrekt einholen

Der sicherste Weg, um rechtliche Risiken zu vermeiden, besteht darin, die Einwilligung der Kunden explizit einzuholen. Dies kann beispielsweise im Rahmen des Kaufprozesses erfolgen. Die Kunden sollten klar darüber informiert werden, dass sie nach ihrem Kauf kontaktiert werden, um eine Bewertung abzugeben, und sie müssen aktiv zustimmen. Eine Checkbox ohne vorausgefülltes Häkchen, die die Zustimmung zur Kontaktaufnahme zwecks Bewertungsaufforderung abfragt, kann hier eine geeignete Lösung sein.

Transparenz und Freiwilligkeit betonen

Eine Einwilligung ist nur dann gültig, wenn sie freiwillig erfolgt. Kunden sollten niemals das Gefühl haben, dass sie zur Abgabe einer Bewertung verpflichtet sind. Außerdem sollte transparent kommuniziert werden, welche Bewertungsplattform genutzt wird und wie die Daten verarbeitet werden. Ein guter Ansatz besteht darin, die Bewertungsanfrage so zu gestalten, dass der Kunde den Nutzen der Bewertung erkennt – beispielsweise zur Verbesserung der Servicequalität.

Nutzung rechtlicher Plattformen

Wenn Sie eine externe Bewertungsplattform nutzen möchten, stellen Sie sicher, dass diese Plattform den Anforderungen der DSGVO entspricht und klare Vereinbarungen zur Auftragsdatenverarbeitung getroffen wurden. Die Plattform sollte sicherstellen, dass alle Daten geschützt sind und nur für den angegebenen Zweck verwendet werden.

Positiv auf Bewertungen reagieren

Die Art und Weise, wie Sie auf Bewertungen – sowohl positive als auch negative – reagieren, hat einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung Ihres Unternehmens. Transparenz und Dialogbereitschaft sind hierbei essenziell. Nutzen Sie negatives Feedback als Chance, um Schwächen zu erkennen und öffentlich zu zeigen, dass Ihnen die Meinung Ihrer Kunden wichtig ist. Sachliches Eingehen auf Kritik zeigt potenziellen Kunden, dass Sie Probleme ernst nehmen und verbessern möchten.

Fazit

Das Einholen von Kundenbewertungen ist ein wichtiger Baustein für die Reputation Ihres Unternehmens. Doch rechtliche Stolperfallen wie das UWG und die DSGVO erfordern einen umsichtigen und sorgfältigen Umgang mit Bewertungsaufforderungen. Eine pauschale Anfrage an die gesamte Kundschaft ohne deren ausdrückliche Einwilligung ist in der Regel rechtswidrig und kann zu Abmahnungen und erheblichen finanziellen Belastungen führen.

Um diese Risiken zu vermeiden, ist es entscheidend, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut zu machen und die Prozesse innerhalb des Unternehmens entsprechend anzupassen. Das Einholen einer klaren, spezifischen und freiwilligen Einwilligung sowie der verantwortungsvolle Umgang mit personenbezogenen Daten sind Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche und rechtssichere Bewertungsstrategie.

Durch die Beachtung dieser Vorgaben vermeiden Sie nicht nur rechtliche Probleme, sondern stärken auch das Vertrauen Ihrer Kunden in Ihr Unternehmen – ein wesentlicher Faktor für den langfristigen Erfolg. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie den Einholungsprozess rechtssicher gestalten können, sollten Sie den Rat eines spezialisierten Fachanwalts für IT-Recht einholen, um teure Fehler zu vermeiden.

Weitere Informationen und Beratung

Wenn Sie Fragen zur rechtssicheren Einholung von Kundenbewertungen haben oder eine konkrete rechtliche Beratung benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Als spezialisierter Fachanwalt für IT-Recht unterstütze ich Unternehmen dabei, ihre Online-Präsenz erfolgreich und rechtssicher zu gestalten. Nehmen Sie Kontakt mit mir auf, um mehr über Ihre Möglichkeiten zu erfahren.

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