Negative Google-Bewertung von Konkurrenten strafbar?

Negative Bewertungen im Internet können erheblichen Schaden für Unternehmen verursachen. Besonders problematisch wird es, wenn diese Bewertungen nicht von tatsächlichen Kunden, sondern von Mitbewerbern stammen. Doch wie ist die rechtliche Lage einzuschätzen, wenn Konkurrenten gezielt negative Google-Bewertungen hinterlassen? Ist ein solches Verhalten strafbar oder zumindest rechtlich angreifbar? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Dimensionen dieses immer häufiger auftretenden Problems.

Grundlagen: Meinungsfreiheit vs. geschäftliche Interessen

Zunächst ist festzuhalten, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut in unserer Rechtsordnung darstellt. Auch Mitbewerber dürfen grundsätzlich ihre Meinung äußern und sachliche Kritik üben. Diese grundrechtlich geschützte Freiheit findet jedoch ihre Grenzen dort, wo sie missbräuchlich eingesetzt wird oder andere Rechte verletzt.

Bei Bewertungen durch Konkurrenten kommen zwei Rechtsgebiete ins Spiel:

  • Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. Unternehmerpersönlichkeitsrecht
  • Das Wettbewerbsrecht

Diese beiden Rechtsgebiete bieten unterschiedliche Ansatzpunkte, um gegen unzulässige Bewertungen vorzugehen.

Wann sind Bewertungen von Konkurrenten unzulässig?

Bei der Beurteilung, ob eine Bewertung unzulässig ist, müssen verschiedene Kriterien berücksichtigt werden. Generell können Bewertungen in folgenden Fällen rechtswidrig sein:

1. Verstoß gegen Plattformrichtlinien

Zunächst einmal unterliegen alle Bewertungen den Nutzungsbedingungen der jeweiligen Plattform. Google beispielsweise untersagt in seinen Richtlinien explizit Bewertungen, die nicht auf eigenen Erfahrungen beruhen oder die gezielt dem Zweck dienen, ein Unternehmen zu schädigen. Bewertungen, die gegen diese Richtlinien verstoßen, können bereits auf dieser Grundlage zur Löschung beantragt werden.

2. Rechtswidrige Inhalte

Darüber hinaus können Bewertungen auch gegen geltendes Recht verstoßen. Dies ist insbesondere in folgenden Fällen gegeben:

  • Unwahre Tatsachenbehauptungen: Werden falsche Tatsachen über ein Unternehmen oder dessen Leistungen behauptet, ist dies rechtswidrig.
  • Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede: Bewertungen, die strafrechtlich relevante Äußerungen gemäß §§ 185 ff. StGB enthalten.
  • Schmähkritik: Äußerungen, bei denen nicht mehr die sachliche Auseinandersetzung, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht.
  • Vortäuschung eines Kundenkontakts: Wenn der Verfasser fälschlicherweise behauptet, Kunde des bewerteten Unternehmens zu sein.

Wettbewerbsrechtliche Dimension bei Konkurrenten-Bewertungen

Stammt eine negative Bewertung von einem Mitbewerber, kommt zusätzlich das Wettbewerbsrecht ins Spiel. Hier sind besonders die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) relevant.

Das Landgericht Hamburg zur Herabsetzung von Mitbewerbern

Ein wegweisendes Urteil in diesem Zusammenhang fällte das Landgericht Hamburg am 09.07.2019 (Az.: 406 HKO 22/19). Die Entscheidung betraf zwei konkurrierende Unternehmen auf dem Markt für die Zertifizierung und Erteilung von Gütesiegeln für Biomineralwasser. Der Beklagte hatte in einer Pressemitteilung kritische Meinungsäußerungen über die Klägerin veröffentlicht, unter anderem, dass deren Qualitätssiegel „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ erhebliche Defizite aufweise.

Das Gericht stellte klar, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung zwar grundsätzlich auch im Wettbewerbsrecht gilt, jedoch durch bestimmte enge Grenzen eingeschränkt wird. Nach § 4 Nr. 1 UWG dürfen auch wahre geschäftsschädigende Tatsachen im Wettbewerb nur sehr zurückhaltend geäußert werden. Solche Äußerungen sind nur zulässig, wenn:

  1. Ein sachlich berechtigtes Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise besteht.
  2. Der Wettbewerber einen hinreichenden Anlass hat, den eigenen Wettbewerb mit der Herabsetzung des Mitbewerbers zu verbinden.
  3. Die Kritik sich nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen hält.

Dies bedeutet im Umkehrschluss: Selbst wenn eine Bewertung inhaltlich zutreffend ist, kann sie wettbewerbsrechtlich unzulässig sein, wenn sie in erster Linie darauf abzielt, einen Mitbewerber zu schädigen.

Das OLG Frankfurt zum „Markenklauer“

Eine ähnliche Entscheidung traf das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 16.04.2019 (Az. 16 U 148/18). In diesem Fall wurde eine Facebook-Äußerung mit dem Inhalt „Was ich diesen Markenklauer hasse“ als wettbewerbswidrig eingestuft. Obwohl diese Äußerung als Meinungsäußerung grundsätzlich vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt war und keine unzulässige Schmähkritik darstellte, bewertete das Gericht sie dennoch als wettbewerbswidrig.

Nach Auffassung der Frankfurter Richter handelte es sich bei der Äußerung um eine herabsetzende Wendung im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG. Bei der Beurteilung solcher Äußerungen erfolgt eine Gesamtwürdigung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls, wobei insbesondere Inhalt, Form, Anlass und Zusammenhang der Äußerung sowie die Verständnismöglichkeit des angesprochenen Verkehrs berücksichtigt werden.

Fake-Bewertungen durch Konkurrenten aus wettbewerbsrechtlicher Sicht

Wenn ein Konkurrent eine Fake-Bewertung abgibt oder in Auftrag gibt, um einem Mitbewerber zu schaden, verstößt er in aller Regel gegen das UWG. Besonders relevant sind hier folgende Regelungen:

  • § 4 Nr. 1 UWG: Verbot der Herabsetzung oder Verunglimpfung von Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnissen eines Mitbewerbers.
  • § 4 Nr. 2 UWG: Verbot der Verbreitung von nicht erweislich wahren Tatsachen über Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen.
  • § 4 Nr. 4 UWG: Verbot der gezielten Behinderung von Mitbewerbern.

Diese Regelungen bieten eine solide rechtliche Grundlage, um gegen Fake-Bewertungen von Konkurrenten vorzugehen.

Rechtliche Möglichkeiten gegen Fake-Bewertungen durch Konkurrenten

Wenn Sie feststellen, dass ein Konkurrent negative Fake-Bewertungen über Ihr Unternehmen verbreitet, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung:

1. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche

Sie können sowohl nach dem BGB als auch nach dem UWG Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend machen. Diese richten sich gegen:

  • Den Verfasser der Bewertung (hier: Ihren Konkurrenten)
  • Den Plattformbetreiber (z.B. Google) als Störer

Nach § 8 Abs. 1 UWG haben Sie als Mitbewerber einen Anspruch auf Unterlassung, wenn eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliegt. Das UWG kennt zwei Arten von Unterlassungsansprüchen:

  • Der Verletzungsunterlassungsanspruch: Greift, wenn die Rechtsverletzung bereits stattgefunden hat. Hat ein Konkurrent einmal eine Fake-Bewertung abgegeben, wird automatisch eine Wiederholungsgefahr angenommen, was den Unterlassungsanspruch begründet.
  • Der vorbeugende Unterlassungsanspruch: Kann bereits bestehen, wenn eine unlautere Handlung „droht“, also eine Erstbegehungsgefahr vorliegt. Hierfür sind allerdings ernsthafte und greifbare Anhaltspunkte erforderlich.

2. Abmahnung und strafbewehrte Unterlassungserklärung

Ein effektives Mittel zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist die Abmahnung des Konkurrenten mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Diese Erklärung verpflichtet den Konkurrenten, bei Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen, was einen starken Anreiz zur Einhaltung schafft.

3. Schadensersatzansprüche

Neben Unterlassung und Beseitigung kommen auch Schadensersatzansprüche in Betracht, wenn durch die rechtswidrige Bewertung ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Rechtsgrundlagen hierfür können sein:

  • § 823 Abs. 1 BGB: Wer das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Unternehmerpersönlichkeitsrecht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Schadensersatz verpflichtet.
  • § 824 Abs. 1 BGB: Wer eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, haftet auf Schadensersatz.
  • § 826 BGB: Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese „Generalklausel“ greift besonders bei besonders verwerflichen Handlungen.

4. Kostenerstattungsanspruch

Bei Vorliegen einer rechtswidrigen Bewertung haben Sie in der Regel einen Anspruch auf Erstattung aller Kosten, die Ihnen durch die rechtliche Verfolgung entstehen, insbesondere Anwaltskosten.

Vorgehen in der Praxis

Werden Sie Opfer einer (vermutlich) von einem Konkurrenten stammenden negativen Bewertung, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

  1. Dokumentation der Bewertung: Sichern Sie Screenshots und alle verfügbaren Informationen über den Verfasser.
  2. Prüfung auf Rechtswidrigkeit: Analysieren Sie, ob die Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen oder andere rechtswidrige Inhalte enthält.
  3. Identifizierung des Verfassers: Versuchen Sie, Hinweise darauf zu finden, dass die Bewertung tatsächlich von einem Konkurrenten stammt. Dies kann durch die Bewertungshistorie, IP-Adressen oder andere Indizien möglich sein.
  4. Kontaktaufnahme mit dem Plattformbetreiber: Melden Sie die Bewertung zunächst über die plattformeigenen Meldemechanismen und legen Sie dar, warum die Bewertung gegen die Plattformrichtlinien verstößt.
  5. Rechtliche Schritte: Wenn der Plattformbetreiber nicht reagiert oder die Löschung ablehnt, können Sie rechtliche Schritte einleiten, idealerweise mit anwaltlicher Unterstützung:
    • Abmahnung des Verfassers (sofern identifizierbar)
    • Anwaltliches Löschungsgesuch an den Plattformbetreiber
    • Ggf. Erwirkung einer einstweiligen Verfügung

Besonderheiten bei Google-Bewertungen

Google-Bewertungen haben aufgrund ihrer hohen Sichtbarkeit und ihres Einflusses auf das Ranking in den Suchergebnissen eine besondere Bedeutung. Google selbst hat eigene Richtlinien für Bewertungen und verfügt über Meldemechanismen, die jedoch nicht immer zu einer schnellen Löschung führen.

In seiner Rechtsprechung hat der BGH festgestellt, dass Plattformbetreiber wie Google verpflichtet sind, Bewertungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, wenn sie auf mögliche Rechtsverletzungen hingewiesen werden. Kommt Google dieser Prüfpflicht nicht nach, kann das Unternehmen als Störer in Anspruch genommen werden.

Prävention und Umgang mit Konkurrenten-Bewertungen

Um sich vor negativen Bewertungen durch Konkurrenten zu schützen, können Unternehmen proaktive Maßnahmen ergreifen:

  1. Regelmäßiges Monitoring: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Online-Bewertungen auf allen relevanten Plattformen.
  2. Schnelle Reaktion: Je früher Sie auf negative Bewertungen reagieren, desto besser stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Löschung.
  3. Positive Bewertungskultur etablieren: Ermutigen Sie zufriedene Kunden, positive Bewertungen zu hinterlassen, um einzelne negative Bewertungen in ihrer Wirkung abzuschwächen.
  4. Professionelle Unterstützung: Bei wiederholten Problemen mit Fake-Bewertungen kann die Beauftragung eines spezialisierten Rechtsanwalts oder eines Reputationsmanagement-Dienstleisters sinnvoll sein.

Fazit: Vorsicht bei Äußerungen über Mitbewerber

Die rechtliche Bewertung von negativen Google-Bewertungen durch Konkurrenten ist komplex und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrecht und Wettbewerbsrecht. Klar ist jedoch: Wer als Unternehmer selbst versucht ist, Konkurrenten negativ zu bewerten, sollte sich der erheblichen rechtlichen Risiken bewusst sein.

Die dargestellten Urteile zeigen deutlich, dass Gerichte sehr kritisch mit herabsetzenden Äußerungen über Mitbewerber umgehen – selbst wenn diese inhaltlich zutreffend sind. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht kann bereits eine sachlich formulierte negative Bewertung unzulässig sein, wenn sie vom Konkurrenten stammt und primär der Schädigung dient.

Umgekehrt haben betroffene Unternehmen gute Chancen, gegen Fake-Bewertungen von Mitbewerbern vorzugehen – vorausgesetzt, sie können die Rechtswidrigkeit nachweisen und idealerweise den Konkurrenten als Urheber identifizieren.

In jedem Fall empfiehlt es sich, bei Unsicherheiten rechtzeitig anwaltlichen Rat einzuholen, um die eigenen Handlungsmöglichkeiten auszuloten und effektiv gegen schädigende Bewertungen vorzugehen – oder um selbst keine rechtlichen Risiken einzugehen.

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