Wichtiges neues OLG-Urteil: Kununu muss Identität von Bewertern nicht preisgeben

Für Unternehmen, die von negativen Online-Bewertungen betroffen sind, gibt es eine wichtige neue Rechtsprechung: Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem wegweisenden Urteil (Az. 4 U 744/24 vom 17.12.2024) entschieden, dass die Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu negative Bewertungen nicht löschen muss, wenn sie ihre Prüfpflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Dies gilt auch dann, wenn die Identität des Bewerters anonym bleibt.

Der Fall: Logistikunternehmen gegen negative Kununu-Bewertung

Im konkreten Fall wandte sich ein mittelständisches Logistikunternehmen gegen eine negative Bewertung aus dem Jahr 2015. Unter dem Titel „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“ hatte ein angeblich ehemaliger Mitarbeiter schwere Vorwürfe erhoben. Das Unternehmen sah sich in seinem Ruf geschädigt und forderte die Löschung der Bewertung.

Die Besonderheit des Falls lag darin, dass sich die Bewertung auf einen inzwischen nicht mehr existierenden Unternehmensstandort in Leipzig bezog. Das Logistikunternehmen argumentierte, die negative Bewertung würde sich dennoch nachteilig auf die aktiven Standorte auswirken und potenzielle Mitarbeiter sowie Geschäftspartner abschrecken.

Rechtliche Bewertung durch das OLG Dresden

Das Gericht hat in seiner Entscheidung mehrere wichtige Grundsätze festgelegt:

  1. Eine negative Bewertung ist grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt, wenn sie auf tatsächlichen Erfahrungen beruht.
  2. Bewertungsplattformen wie Kununu müssen die Identität von Bewertern nicht offenlegen, solange sie ihre Prüfpflichten erfüllen.
  3. Die Prüfpflicht der Plattform umfasst die Verifizierung des ehemaligen Beschäftigungsverhältnisses durch geeignete Nachweise.

Warum die Bewertung online bleiben darf

Das OLG Dresden stützte seine Entscheidung auf mehrere zentrale Aspekte:

Kununu hatte seine Sorgfaltspflichten erfüllt, indem die Plattform:

  • den Bewerter kontaktierte und überprüfte
  • anonymisierte Arbeits- und Ausbildungsnachweise einholte
  • diese Nachweise auf ihre Echtheit prüfte
  • das Unternehmen über die Ergebnisse der Prüfung informierte
  • die korrekte Zuordnung zum ehemaligen Leipziger Standort sicherstellte

Bedeutung für Unternehmen und Arbeitgeber

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für den Umgang mit Online-Bewertungen:

  1. Unternehmen können nicht automatisch die Löschung negativer Bewertungen verlangen, nur weil diese anonym sind.
  2. Die Anonymität von Bewertenden genießt Schutz, solange die Plattform ihre Prüfpflichten erfüllt.
  3. Bewertungsplattformen müssen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Transparenz und Anonymitätsschutz gewährleisten.

Strategische Handlungsempfehlungen

Für Unternehmen, die sich mit negativen Bewertungen konfrontiert sehen, ergeben sich folgende Handlungsoptionen:

  1. Sorgfältige Prüfung der Bewertung auf tatsächliche Rechtsverstöße oder Falschbehauptungen
  2. Dokumentation der eigenen Personalhistorie, um unberechtigte Bewertungen schnell identifizieren zu können
  3. Konstruktiver Dialog mit Bewertungsplattformen bei der Klärung strittiger Bewertungen
  4. Entwicklung einer proaktiven Strategie zum Umgang mit Online-Bewertungen

Fazit und Ausblick

Das Urteil des OLG Dresden stärkt die Position von Bewertungsplattformen und unterstreicht die Bedeutung der Meinungsfreiheit im digitalen Raum. Gleichzeitig zeigt es, wie wichtig ein ausgewogenes System der Qualitätssicherung bei Online-Bewertungen ist.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich verstärkt auf präventive Maßnahmen und ein professionelles Reputationsmanagement konzentrieren sollten, anstatt ausschließlich auf die nachträgliche Löschung von Bewertungen zu setzen.

Schreiben Sie einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner