Kununu Bewertung Verfasser ermitteln: Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen für Unternehmen

Negative Bewertungen auf Arbeitgeberplattformen wie kununu können den Ruf eines Unternehmens erheblich beeinträchtigen und potenzielle Bewerber abschrecken. Als Arbeitgeber fragen Sie sich möglicherweise, ob und wie Sie den Verfasser einer negativen oder möglicherweise rechtswidrigen Bewertung ermitteln können. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen bei der Identifizierung von Verfassern von kununu-Bewertungen und zeigt Handlungsoptionen für betroffene Unternehmen auf.

Die Bedeutung von kununu für die Arbeitgeberreputation

kununu hat sich als eine der führenden Plattformen für Arbeitgeberbewertungen im deutschsprachigen Raum etabliert. Die Plattform bietet Mitarbeitern und ehemaligen Arbeitnehmern die Möglichkeit, detaillierte und in der Regel anonyme Bewertungen zu ihren Arbeitgebern abzugeben. Diese Bewertungen können einen erheblichen Einfluss auf die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber haben und das Recruiting maßgeblich beeinflussen.

Während die meisten Bewertungen konstruktiv und hilfreich sind, können vereinzelt auch falsche, übertriebene oder gar rechtswidrige Inhalte veröffentlicht werden. In solchen Fällen möchten Unternehmen verständlicherweise wissen, wer hinter einer solchen Bewertung steckt, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können.

Anonymität bei kununu: Grundprinzip und Herausforderung

kununu gewährt seinen Nutzern grundsätzlich Anonymität bei der Abgabe von Bewertungen. Diese Anonymität dient dem Schutz der Meinungsfreiheit und soll ein ehrliches Feedback ohne Angst vor negativen Konsequenzen ermöglichen. Für Unternehmen stellt dies jedoch eine Herausforderung dar, wenn sie mit möglicherweise rechtswidrigen Bewertungen konfrontiert werden.

Die Plattform selbst betont, dass sie die Identität ihrer Nutzer schützt und diese nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen offenlegt. Dies macht es für Unternehmen schwierig, ohne weiteres herauszufinden, wer eine bestimmte Bewertung verfasst hat.

Rechtliche Rahmenbedingungen: Anonymität vs. Rechtsschutz

Das Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Anonymität und dem Rechtsschutz für betroffene Unternehmen wurde in den letzten Jahren durch verschiedene Gerichtsurteile geprägt. Grundsätzlich gilt in Deutschland das Recht auf freie Meinungsäußerung, welches auch anonyme Bewertungen umfasst, solange diese keine Rechte Dritter verletzen.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat wiederholt die Zulässigkeit anonymer Bewertungen bestätigt und betont den Schutz der Nutzeranonymität. Gleichzeitig müssen jedoch auch die Interessen der bewerteten Unternehmen berücksichtigt werden, insbesondere wenn es um falsche Tatsachenbehauptungen oder Verleumdungen geht.

Aktueller Rechtsstand: Das OLG Hamburg-Urteil und seine Folgen

Im Februar 2024 sorgte ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg für Aufsehen in der Rechtslandschaft zu Bewertungsportalen. Das Gericht entschied, dass kununu die Identität von Verfassern negativer Bewertungen offenlegen muss, wenn ein Arbeitgeber die Echtheit einer Bewertung anzweifelt und nicht eindeutig nachgewiesen ist, dass der Verfasser tatsächlich in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen stand (Az. 7 W 11/24). Alternativ müsste kununu die betreffenden Bewertungen löschen.

Diese Entscheidung stellte eine Zäsur dar, da sie die bisherige Praxis der weitgehenden Anonymität in Frage stellte. kununu reagierte mit der Ankündigung, gegen diese Entscheidung vorzugehen und berief sich dabei auf die geltende Rechtsprechung des BGH, die anonyme Bewertungen schützt.

Die rechtliche Auseinandersetzung entwickelte sich weiter: Im April 2024 hob das Landgericht Hamburg die vorläufige Verfügung teilweise auf und entschied, dass anonymisierte Nachweise ausreichen, um die Authentizität der Bewertungen zu belegen. Es sei nicht erforderlich, die Klarnamen der Verfasser preiszugeben. Diese Entwicklung zeigt, dass die Rechtslage weiterhin im Fluss ist und ein endgültiges Urteil im Hauptsacheverfahren noch aussteht.

Möglichkeiten zur Ermittlung des Verfassers einer kununu-Bewertung

Für Unternehmen, die mit negativen oder potenziell rechtswidrigen Bewertungen konfrontiert sind, stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, um den Verfasser zu ermitteln oder gegen die Bewertung vorzugehen:

1. Analyse der Bewertungsinhalte

Eine aufmerksame Analyse der Bewertungsinhalte kann Hinweise auf den möglichen Verfasser liefern. Spezifische Details zu internen Abläufen, Projekten oder Ereignissen können den Kreis der möglichen Verfasser eingrenzen. Diese Methode erfordert jedoch Vorsicht, da eine vorschnelle Zuordnung zu falschen Anschuldigungen und weiteren rechtlichen Problemen führen kann.

2. Rechtliche Schritte zur Identifizierung

In Fällen, in denen eine Bewertung rechtswidrige Inhalte enthält, können Unternehmen rechtliche Schritte einleiten, um die Identität des Verfassers zu erfahren. Dies erfordert in der Regel:

  • Ein gerichtliches Verfahren gegen kununu zur Herausgabe der Verfasserinformationen
  • Den Nachweis, dass die betreffende Bewertung rechtswidrige Inhalte enthält (z.B. falsche Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen, Schmähkritik)
  • Eine richterliche Anordnung zur Offenlegung der Daten

Es ist wichtig zu verstehen, dass kununu personenbezogene Daten wie IP-Adressen oder Nutzerinformationen nur auf Grundlage einer richterlichen Anordnung herausgibt. Diese wird in der Praxis nur bei schwerwiegenden Rechtsverletzungen erlassen.

3. Auskunftsanspruch nach DSGVO

Ein weiterer Ansatz könnte die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sein. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass das Recht auf Auskunft in der Regel durch das Recht auf Anonymität und den Schutz der Meinungsfreiheit begrenzt wird. Die Erfolgsaussichten dieses Weges sind daher in der Praxis oft gering.

Alternative Strategien: Fokus auf die Bewertung statt auf den Verfasser

In vielen Fällen ist es effektiver, sich auf die Bewertung selbst zu konzentrieren, anstatt Zeit und Ressourcen in die Ermittlung des Verfassers zu investieren. Folgende Strategien haben sich dabei als wirksam erwiesen:

1. Löschung rechtswidriger Bewertungen beantragen

Wenn eine Bewertung rechtswidrige Inhalte enthält, können Unternehmen direkt bei kununu die Löschung beantragen. Gründe für eine Löschung können sein:

  • Falsche Tatsachenbehauptungen, die nachweislich unwahr sind
  • Beleidigungen oder Schmähkritik
  • Verletzung von Persönlichkeitsrechten
  • Verstoß gegen die kununu-Nutzungsbedingungen
  • Fehlende Grundlage für die Bewertung (z.B. wenn der angebliche Mitarbeiter nie im Unternehmen beschäftigt war)

Ein fundierter Löschungsantrag sollte konkrete Nachweise enthalten, welche Aussagen falsch sind und warum. Je detaillierter und besser belegt die Argumente sind, desto höher sind die Chancen auf Erfolg.

2. Stellungnahme zu kritischen Bewertungen

kununu bietet Unternehmen die Möglichkeit, auf Bewertungen zu antworten. Eine sachliche und lösungsorientierte Stellungnahme kann den negativen Eindruck einer kritischen Bewertung abmildern und zeigt potenziellen Bewerbern, dass das Unternehmen Feedback ernst nimmt und konstruktiv damit umgeht.

3. Rechtliche Unterstützung bei schwerwiegenden Fällen

Bei besonders schwerwiegenden Fällen von Rufschädigung oder falschen Tatsachenbehauptungen kann die Einschaltung eines auf IT- und Medienrecht spezialisierten Rechtsanwalts sinnvoll sein. Dieser kann:

  • Die rechtliche Situation fundiert einschätzen
  • Unterlassungs- und Löschungsansprüche geltend machen
  • Bei Bedarf gerichtliche Schritte einleiten
  • In besonders gravierenden Fällen die Offenlegung der Verfasseridentität durchsetzen

Präventive Maßnahmen: Negativen Bewertungen vorbeugen

Neben reaktiven Maßnahmen sollten Unternehmen auch präventiv handeln, um negative Bewertungen zu vermeiden:

1. Offene Feedbackkultur etablieren

Eine offene Feedbackkultur innerhalb des Unternehmens ermöglicht es Mitarbeitern, Kritik und Verbesserungsvorschläge direkt anzubringen, bevor sie den Weg über externe Bewertungsplattformen wählen.

2. Aktives Arbeitgebermarketing betreiben

Ein proaktives Arbeitgebermarketing kann dazu beitragen, ein realistisches und positives Bild des Unternehmens zu vermitteln. Dazu gehört auch, Mitarbeiter zu ermutigen, ehrliche und konstruktive Bewertungen auf kununu zu hinterlassen.

3. Regelmäßiges Monitoring der Online-Reputation

Ein regelmäßiges Monitoring der eigenen Bewertungen auf kununu und anderen Plattformen ermöglicht es, frühzeitig auf negative Entwicklungen zu reagieren und gegebenenfalls gegenzusteuern.

Fazit: Strategischer Umgang mit kununu-Bewertungen

Die Ermittlung des Verfassers einer kununu-Bewertung ist rechtlich und praktisch herausfordernd. Während die aktuelle Rechtsprechung teilweise neue Möglichkeiten eröffnet, bleibt der Grundsatz der Anonymität bei Bewertungsportalen bestehen. In den meisten Fällen ist es für Unternehmen zielführender, sich auf die Inhalte der Bewertung zu konzentrieren und gegebenenfalls gegen diese vorzugehen, anstatt umfangreiche Ressourcen in die Identifizierung des Verfassers zu investieren.

Ein strategischer und besonnener Umgang mit kununu-Bewertungen – ob positiv oder negativ – kann langfristig dazu beitragen, die Arbeitgebermarke zu stärken und die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Bewerber zu erhöhen. Dabei sollte stets die Balance zwischen dem berechtigten Interesse an Rechtsschutz und dem respektvollen Umgang mit Mitarbeiterfeedback gewahrt werden.

In besonders schwerwiegenden Fällen, in denen rechtswidrige Inhalte vorliegen, bleibt die Möglichkeit, mit anwaltlicher Unterstützung gegen die Bewertung vorzugehen und gegebenenfalls auch die Identität des Verfassers zu ermitteln. Die rechtliche Entwicklung in diesem Bereich bleibt dynamisch, wie die jüngsten Gerichtsentscheidungen zeigen, und sollte von betroffenen Unternehmen aufmerksam verfolgt werden.

Schreiben Sie einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner